Anders als Ägypten, Libyen oder der Jemen wandelt sich Tunesien geradezu vorbildlich hin zu einer Demokratie. Aber nun braucht das Land mehr Hilfe von Europa, kommentiert StZ-Korrespondent Martin Gehlen.

Kairo - Mit der Präsidentenwahl hat Tunesien nun als einziges Land des Arabischen Frühlings alle institutionellen Bausteine für seinen Weg in die Demokratie gefertigt. Im Januar 2014 wurde die neue Verfassung verabschiedet, im Oktober das erste reguläre Parlament gewählt und zum Jahreswechsel wird das Mittelmeerland sein erstes frei gewähltes Staatsoberhaupt vereidigen. Anders als sämtliche ehemaligen Mitrevolutionäre – Ägypten, Libyen, Syrien und Jemen – hat es Tunesien damit geschafft, auf der ersten steinigen Etappe von der Diktatur zur Demokratie nicht in den Abgrund von Bürgerkrieg, Staatszerfall oder verkappter Militärherrschaft zu fallen.

 

Tunesiens junge Demokratie aber braucht jetzt dringend wirtschaftliche und soziale Erfolge, um seine Bevölkerung von der neuen Staatsform zu überzeugen. Die Arbeitslosigkeit ist alarmierend hoch. Die Kaufkraft der Währung verfällt, und die Not vieler Bürger ist mit Händen zu greifen. Alleine kann Tunesien diese Herausforderungen nicht meistern. Das Land ist auf entschiedene Unterstützung von Europa angewiesen: Kredite und Investitionen, Hilfe bei der Sicherung seiner Grenzen sowie Partnerschaften bei Berufsbildung und Universitäten. Sonst könnte der Arabische Frühling am Ende ausgerechnet in seinem Geburtsland zu Grabe getragen werden.