Der StZ-Reporter Erik Raidt liest in der Volkshochschule Stuttgart aus seinem Buch und diskutiert mit dem Publikum über den Weg Württembergs vom Armenhaus in die Moderne.

Stuttgart - Es war eine Reise in die Vergangenheit. Man hörte die Hufeisen der Kutschpferde auf grobem Straßenpflaster, man roch den Gestank der Straße, man sah die Menschen, die ihre Existenz kaum mit ihrer Arbeit sichern konnten. Diesen Einblick gab Erik Raidt, Kolumnist und Reporter der Stuttgarter Zeitung, am Mittwochabend beim Pressecafé der Volkshochschule und der Stuttgarter Zeitung. Raidt hat Passagen aus seinem Buch „Gottlieb Daimler und Robert Bosch – Von hier aus wird ein Stern aufgehen“ gelesen und mit den Besuchern darüber diskutiert.

 

Der Autor hat in Archiven recherchiert, historische Stadtpläne gesichtet und alte Zeitungen ausgewertet. So konnte er sich ein Bild von den Verhältnissen in Stuttgart in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machen.

Unter anderem beeindruckte Raidt die Besucher mit Zahlen: Zum Beispiel hatte Stuttgart 1852 gerade einmal 50 000 Einwohner. Nach etwas mehr als 20 Jahren waren es mehr als 100 000 Menschen. „Es war eine extrem dynamische Entwicklung“, sagte Raidt. „Und viele Menschen hatten Schwierigkeiten, damit Schritt zu halten.“ Die Heimat des jungen Gottlieb Daimler sei ein Armenhaus gewesen. Das habe dazu geführt, dass zwischen 1845 und 1854 rund zehn Prozent der Württemberger ausgewandert sind, die meisten in die USA.

Auch damals gab es Ärger wegen eines Bahnhofs

Außerdem habe eine diffuse Angst vor Neuerungen geherrscht. „Manche hielten elektrisches Licht für gefährlich oder überflüssig.“ Raidt zog Parallelen zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit. „Auch damals sollte ein Bahnhof gebaut und Schienen verlegt werden, und es gab Gegner und Befürworter des Projektes. Auch damals hatte man Angst, dass Tunnel nicht halten würden.“ Und selbstverständlich habe es auch Pannen beim Bau gegeben. Raidt berichtete unter anderem von einem Schlammeinbruch im Rosensteintunnel.

In diese Zeit hinein seien Männer wie Robert Bosch und Gottlieb Daimler geboren worden, die mit ihren Entwicklungen die Welt noch weiter revolutionieren sollten. „Sie suchten, sammelten und fanden Ideen“, sagte der Redakteur.

Zur Person Erik Raidt, Jahrgang 1971, ist Reporter und Kolumnist im Lokalteil der Stuttgarter Zeitung. Der gebürtige Stuttgarter studierte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und an der Freien Universität Berlin. Seit 1999 schreibt er für die StZ, wo er auch volontierte und anschließend in die Lokalredaktion wechselte. Dort begleitet er mit Reportagen, Serien und Schwerpunkten den Wandel der Stadt, die gesellschaftlichen Umbrüche und die Konflikte, die sich daraus ergeben.