Am Internationalen Tag der Pressefreiheit wird an Reporter und Reporterinnen erinnert, die wegen ihrer Arbeit eingeschüchtert, verfolgt oder ermordet wurden. Global ist die Pressefreiheit bedroht wie lange nicht.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

In den Briefkasten hatten die Täter rohes Fleisch geworfen. Vor die Haustür stellten sie eine Kerze, auf deren metallene Halterung nicht nur der in rechten Kreisen gebräuchliche Code „1488“ gemalt war, sondern auch ein Kreuz und der Name des Mannes, der in diesem Haus wohnt: der Braunschweiger Journalist David Janzen. Eine Scheibe an der Eingangstür war mit dem Schriftzug „Bündnis für Antideutsche“ beschmiert.

 

„Ein Kreuz zusammen mit meinem Namen auf einer Kerze verstehe ich eindeutig als Morddrohung“, sagte Janzen im März vorigen Jahres unmittelbar nach dem Vorfall. Für den Reporter, der sich seit vielen Jahren journalistisch mit der rechten Szene auseinandersetzt, war es nicht der erste derartige Vorfall. Bereits 2019 fand er an seiner Haustür den Schriftzug „Wir töten dich! Janzen“ und Aufkleber einer neonazistischen Gruppierung.

Gewalttätige Übergriffe vor allem bei Demonstrationen

David Janzen ist kein Einzelfall. Immer wieder werden Journalisten in Deutschland eingeschüchtert, bedroht oder sogar körperlich attackiert. Im vorigen Jahr stieg die Zahl der physischen Angriffe auf Journalisten erneut an. Das zeigt die aktuelle Untersuchung „Feindbild Journalist:in“, die das in Leipzig ansässige European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF) veröffentlicht hat. Nach 56 Fällen im Jahr 2022 wurden für 2023 69 Fälle von physischen Attacken auf Reporter erfasst und bestätigt.

Skepsis gegenüber den etablierten Medien gibt es inzwischen bei einer größeren Minderheit in Deutschland. Bei einigen ist dies in eine aggressive Medienfeindlichkeit umgeschlagen, die sich nicht mehr nur in „Lügenpresse“-Rufen, Beleidigungen und gelegentlichen Drohungen, sondern auch in gewalttätigen Übergriffen auf Journalisten äußert. Besonders gefährlich ist die Berichterstattung über Demonstrationen. 53 der 69 erfassten und verifizierten physischen Angriffe auf Medienmacher fanden am Rande von Protestveranstaltungen statt.

Bedeutung freier Berichterstattung für Demokratien

Diese Einschüchterungsversuche beeinflussen die Arbeit der Reporter und von deren Redaktionen. Sie sind aber auch ein Angriff auf die Pressefreiheit insgesamt – und damit auf die Demokratie.

Auf die grundlegende Bedeutung freier Berichterstattung für Demokratien sowie auf Verletzungen der Pressefreiheit wird jährlich am 3. Mai mit dem Internationalen Tag der Pressefreiheit aufmerksam gemacht. Dieser wurde im Dezember 1993 auf Vorschlag der Unesco von der Generalversammlung der Vereinten Nationen eingeführt. Das Datum erinnert an den Jahrestag der Deklaration von Windhoek am 3. Mai 1991, in der afrikanische Journalistinnen und Journalisten freie, unabhängige und pluralistische Medien auf dem afrikanischen Kontinent sowie weltweit forderten.

Aktionstag zum Schutz der Pressefreiheit

Seither ist der 3. Mai sowohl Aktionstag zum Schutz der Pressefreiheit als auch Anlass, die weltweite Situation der Pressefreiheit zu beleuchten und an Journalistinnen und Journalisten zu erinnern, die aufgrund ihrer Arbeit verfolgt werden, inhaftiert sind oder ermordet wurden.

„Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sind weltweit so bedroht wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, stellt die Organisation Amnesty International in ihrem jüngsten Jahresbericht fest. Hunderte Journalisten sind in den Kriegen in der Ukraine, in Nahost oder im Sudan gestorben. Die Demokratie ist in vielen Staaten unter Druck oder bereits zerstört. In nahezu allen demokratisch verfassten Gesellschaften nehmen die sozialen und politischen Spannungen zu. Das gesellschaftliche Klima wird rauer – damit werden auch die Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten schwieriger.

Ranking der Pressefreiheit: Deutschland nur auf Platz 21

Die Menschen spüren das auch in Deutschland. Der Anteil derjenigen, die hierzulande Bedrohungen für die Presse sehen, wächst. Das zeigt eine aktuelle Onlineumfrage der ZMG Zeitungsmarktforschung Gesellschaft im Auftrag des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). Waren vor fünf Jahren noch 39 Prozent der Auffassung, dass die freie Presse gefährdet ist, empfindet dies inzwischen fast die Hälfte der Bevölkerung (48 Prozent).

In der internationalen Rangliste der Pressefreiheit ist Deutschland gerade in die Top 10 aufgestiegen. Die Liste wird jedes Jahr von der Organisation Reporter ohne Grenzen zusammengestellt. Die deutlich verbesserte Platzierung (Platz 10 im Vergleich zu Platz 21 im vergangenen Jahr) ist laut der Organisation allerdings weniger auf Verbesserungen in der Bundesrepublik als auf eine schlechtere Situation in anderen Ländern zurückzuführen.