Auch am Tag nach dem Insolvenzantrag von Locomore startet am Stuttgarter Hauptbahnhof ein Zug des Unternehmens. Die Fahrgäste bedauern die Schwierigkeiten des Bahn-Start-ups.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Freitag, früher Morgen am Stuttgarter Hauptbahnhof. Ein paar Eisenbahnfotografen haben sich eingefunden, wer weiß, wie oft sich das Motiv noch bietet. Im Sucher der Bahn-Enthusiasten ist der Zug von Locomore. Der Privatbahnanbieter bietet seit Mitte Dezember eine Verbindung von Stuttgart nach Berlin an. Am Donnerstag hat das Unternehmen einen Insolvenzantrag gestellt.

 

Deutlich günstiger

Die schlechte Nachricht hat sich auch schon unter den meisten der Passagiere herumgesprochen, die am Freitagmorgen in die Wagen steigen. Das sei schon sehr bedauerlich, sagt etwa Tillman Scholl, der seine Schwester in Göttingen besuchen fährt. „Der Zug bietet eine gute Alternative zur Deutschen Bahn und ist eben auch deutlich günstiger“, sagt er.

Den Preisunterschied hebt auch Kevin Winkelvoß hervor, der ebenfalls nach Göttingen reist. Er habe Locomore auch zuvor schon benutzt und bedauert die Turbulenzen, in dem sich das Start-up-Unternehmen nun befindet, das sich Teile seines Startkapitals im Internet beim sogenannten Crowdfunding zusammen gesammelt hatte. Die Möglichkeit, sein Fahrrad unkompliziert mitzunehmen war neben dem Preis das Argument für Georg Wiedenmann, mit Locomore zu fahren. Zusammen mit seinem Zweirad möchte er nach Berlin – und am Sonntag auch wieder zurück. Noch ist unklar, ob das Angebot dann noch existiert.

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Stolze neun Wagen lang ist der Locomorezug an diesem Freitag. Nur fünf davon sind in den für das junge Unternehmen so typischen Orangetönen gehalten, der Rest des Wagenparks wirkt etwas zusammengewürfelt. Das Personal lässt sich dadurch nicht bremsen. Geduldig erklären sie den fragenden Fahrgästen etwa, was es mit dem fehlenden Wagen Nummer sieben auf sich hat. Mit solchen Unregelmäßigkeiten hatte Locomore immer mal wieder zu kämpfen, hat diese Probleme mit Blick auf die Deutsche Bahn aber keinesfalls exklusiv. Mit der Presse wollen die Mitarbeiter nicht sprechen über die missliche Lage des Arbeitgebers. Man möge sich bitte an die Pressestelle wenden.

Schon fast überpünktlich setzt sich der Zug um 6 Uhr 21 in Bewegung. Es geht über Vaihingen/Enz, Heidelberg und Darmstadt Richtung Berlin und ein bisschen auch in Richtung Ungewissheit.