Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

„Schatz, ich kann dir nicht alles sagen, es würde dich nur beunruhigen.“ Frage: Welche Reaktion ist auf eine solche Aussage zu erwarten?

 

Der Reihe nach. Hektisch zappten sich am Dienstagabend viele Fernsehzuschauer durch die Programme, um die denkwürdige Pressekonferenz mit Innenminister Thomas de Maizière nach der Spielabsage zu finden. Die Nachricht von der Anschlagswarnung in Hannover hatte sich zuvor rasend schnell verbreitet; in Wohnzimmern, Kneipen und sozialen Netzwerken wurde prompt reagiert und spekuliert. Was ist da passiert? Wie ernst ist die Lage?

Thomas de Maizière weiß es. Doch er sagt es nicht. In diesem Fall sind wir, die Bürger, „Schatz“. Wir sollen geschützt werden. De Maizière spricht nebulös davon, dass „ein Teil der Antworten die Bevölkerung verunsichern“ würde und fordert einen „Vertrauensvorschuss“– während gleichzeitig im Liveticker-Band des übertragenden Nachrichtensenders neue, nicht angesprochene Details laufen („+++ Warnung kam offenbar von ausländischem Geheimdienst +++“).

Die Bürger, die unser Innenminister nicht beunruhigen möchte, beunruhigen sich also folgerichtig noch mehr: Wozu die Geheimniskrämerei? Was ist so schlimm, dass wir es nicht erfahren dürfen, dass es uns möglicherweise in Panik versetzen könnte? Sicherlich, Informationen, die laufende Ermittlungen behindern könnten, müssen erst einmal zurückgehalten werden. Offenbar gilt dies aber nicht für alle Fakten, die unter anderem de Maizière bekannt sind, aber trotzdem nicht auf den Tisch kamen.

Mal abgesehen davon, dass diese Strategie mit Sicherheit das Gegenteil bewirkt – um mal ganz grundsätzlich demokratisch zu argumentieren: Das Volk ist laut Grundgesetz der Souverän, de Maizière ein gewählter Vertreter - nicht mehr, nicht weniger. Wir haben ganz einfach ein Recht darauf, informiert zu werden. Wie wir damit umgehen, können wir immer noch selbst entscheiden.

Der Reihe nach. Hektisch zappten sich am Dienstagabend viele Fernsehzuschauer durch die Programme, um die denkwürdige Pressekonferenz mit Innenminister Thomas de Maizière nach der Spielabsage zu finden. Die Nachricht von der Anschlagswarnung in Hannover hatte sich zuvor rasend schnell verbreitet; in Wohnzimmern, Kneipen und sozialen Netzwerken wurde prompt reagiert und spekuliert. Was ist da passiert? Wie ernst ist die Lage?

Thomas de Maizière weiß es. Doch er sagt es nicht. In diesem Fall sind wir, die Bürger, „Schatz“. Wir sollen geschützt werden. De Maizière spricht nebulös davon, dass „ein Teil der Antworten die Bevölkerung verunsichern“ würde und fordert einen „Vertrauensvorschuss“– während gleichzeitig im Liveticker-Band des übertragenden Nachrichtensenders neue, nicht angesprochene Details laufen („+++ Warnung kam offenbar von ausländischem Geheimdienst +++“).

Die Bürger, die unser Innenminister nicht beunruhigen möchte, beunruhigen sich also folgerichtig noch mehr: Wozu die Geheimniskrämerei? Was ist so schlimm, dass wir es nicht erfahren dürfen, dass es uns möglicherweise in Panik versetzen könnte? Sicherlich, Informationen, die laufende Ermittlungen behindern könnten, müssen erst einmal zurückgehalten werden. Offenbar gilt dies aber nicht für alle Fakten, die unter anderem de Maizière bekannt sind, aber trotzdem nicht auf den Tisch kamen.

Mal abgesehen davon, dass diese Strategie mit Sicherheit das Gegenteil bewirkt – um mal ganz grundsätzlich demokratisch zu argumentieren: Das Volk ist laut Grundgesetz der Souverän, de Maizière ein gewählter Vertreter - nicht mehr, nicht weniger. Wir haben ganz einfach ein Recht darauf, informiert zu werden. Wie wir damit umgehen, können wir immer noch selbst entscheiden.

Jessica Kneißler

Pro: Vertrauen wir unseren Politikern – wenigstens dieses eine Mal

„Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern“: In Politthrillern spricht diesen Satz immer der Bösewicht, in der Regel ein Politiker oder jedenfalls ein Mächtiger. Die Neugier des Zuschauers ist geweckt, danach sieht man Enthüllungen, Skandale, Sensationen.

Thomas de Maizières „ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern“ ist auch der Satz, der von der Pressekonferenz nach dem abgesagten Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande vom Dienstagabend hängenbleibt. Wenig überraschend läuft da bei vielen das Kopfkino an: Was hat der Innenminister zu verbergen? Sind wir nach den Massenmorden von Paris nicht bereit für die ganze Wahrheit? Stimmen die Berichte von dem Sprengstoff in oder vor dem Stadion?

Was am Dienstagabend auch anlief: Twitter. Motto: de Maizière verunsichert so noch mehr, hat womöglich was zu verbergen, geht eh gar nicht.

Und doch ist die Sache nicht so eindeutig. Wenn die Zeiten in jeder Lesart des Wortes so unsicher sind wie jetzt gerade, geht es auch um Tonlagen, um Stimmungen. Thomas de Maizière hat am Dienstagabend so wie schon unmittelbar nach den Anschlägen von Paris einen besonnenen Ton angeschlagen. Er hat seine Worte sorgfältig gewählt, das war ihm jeweils anzumerken. Er macht da seine Sache gut.

Wer nicht gerade Geheimdienstler ist oder Zugang zu entsprechenden Informationen hat, weiß derzeit schlicht nicht alles. Das ist in einer medial durchleuchteten Welt schwer auszuhalten und es ist kein Idealzustand – auch, weil uns viele Enthüllungen das Misstrauen in die Politiker gelehrt haben.

Thomas de Maizière hat am Dienstagabend um einen Vertrauensvorschuss gebeten – wie wir ihn ganz selbstverständlich etwa der Polizei bei ihrer Ermittlungsarbeit zugestehen. Das ist der Satz, der eigentlich von der Pressekonferenz hängenbleiben sollte. Hier werden keine politischen Spielchen gespielt, hier hat Sicherheit Vorrang vor absoluter Transparenz. Den Vertrauensvorschuss sollten wir de Maizière und den anderen Verantwortlichen gewähren. Uns bleibt nämlich gar nichts anderes übrig.

Jan Georg Plavec