Wer nach der miserablen Leistung gegen Mexiko von Bundestrainer Joachim Löw oder Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff deutliche Worte erwartet hatte, wurde enttäuscht. Statt Selbstkritik gab es nur Selbstgefälliges zu hören, statt schonungsloser Analyse lahme Durchhalteparolen. Schön, dass viele (der allerdings viel zu vielen) TV-Experten Klartext gesprochen haben. Manche sachlich fundiert, andere weniger intellektuell, dafür umso emotionaler und unterhaltender. Klar ist: Beide Herangehensweisen haben ihre Berechtigung.

 

Man muss Ex-Nationalspieler wie Lothar Matthäus, Stefan Effenberg, Mario Basler oder Michael Ballack nicht mögen. Aber sie wissen, von was sie reden – weil sie im Fußball alles erlebt haben. Wenn sie also kritisieren, dass Mesut Özil zu wenig Herz, Freude und Leidenschaft zeige (Matthäus), dass Hummels schon während und nicht erst nach dem Spiel den Ton hätte angeben müssen (Effenberg), dass man als Mittelfeldspieler auch mal einen Zweikampf gewinnen müsse (Basler) oder dass gegen Mexiko Teamgeist und Hingabe gefehlt hätten (Ballack), mag das zwar populistisch sein, ist deshalb aber noch lange nicht falsch.

Gigantische Unterhaltungsmaschinerie

Und wenn mal ein Spruch unter die Gürtellinie geht wie früher ein Freistoß von Basler oder Ballack beim Mann in der Mauer? Ist das nur der TV-Beweis dafür, dass der Fußball mit den Geistern, die er rief, nun auch leben muss. Längst ist dieser Sport zu einer gigantischen Unterhaltungsmaschinerie geworden, die auch geölt werden will, soll sie am Ende möglichst viel Gewinn ausspucken. Dafür sind TV-Gelder in Milliardenhöhe nötig. Um diese zu refinanzieren, muss der Fußball nicht nur spektakuläre Spiele und tolle Tore bieten, sondern auch Sprüche, Spott und Späße. Unterhaltung eben.

Wenn die Herren Matthäus, Effenberg oder Basler keine Quotenbringer wären, würden die TV-Anstalten sie auswechseln. Dass sie mit der Aufstellung dieser Experten auch niedere Instinkte bedienen, nehmen die Fernsehmacher in Kauf. Ganz bewusst. Den Fans, die den Kanal voll haben? Bleibt immer noch die Option, den Sender zu wechseln.