Das Muster zieht sich offenbar in Abwandlungen durch die Doktorarbeit. Schavan zitiert, ohne die Quelle zu nennen, oder formuliert zu einem Zitat weitergehende Aussagen, die in Wahrheit nicht von ihr, sondern aus der Quelle stammen. Mit solchen „Verschleierungen“ übernimmt sie also interpretierende oder weiterführende Aussagen anderer Wissenschaftler als ihre eigenen. Auf Seite 37 ihrer Arbeit fanden die Plagiatsjäger zum Beispiel folgenden Satz: „Durch die Gründung und Erhaltung von politischen Gemeinwesen schließlich schafft menschliches Handeln die Bedingungen für eine Kontinuität der Generationen und damit für Geschichte.“ Neben diesen Satz stellen sie ein Zitat aus einem Text von Hannah Arendt: „[...] das Handeln schließlich, soweit es der Gründung und Erhaltung politischer Gemeinwesen dient, schafft die Bedingungen für eine Kontinuität der Generationen, für Erinnerung und damit für Geschichte.“ Die Ähnlichkeit ist deutlich. Schavanplag schreibt dazu: „Hannah Arendt wird in der vorliegenden Arbeit an keiner Stelle erwähnt.“

 

Nachlässigkeit oder Täuschungsabsicht? Es wäre auch an dieser Stelle notwendig gewesen, die Quelle anzugeben. Für die Bewertung durch die Universität wird aber letztlich das Gesamtbild entscheidend sein, zu dem die Häufung solcher Stellen beiträgt.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, dem Schavan bis 2008 angehörte, kritisierte gestern nach Agenturberichten den öffentlichen Umgang mit dem Fall. Es werde „die Frage nach dem Erkenntnisgewinn und der geistigen Durchdringung des Themas offensichtlich gar nicht mehr gestellt“. Auch Schavans Doktorvater, der 88-jährige Erziehungswissenschaftler Gerhard Wehle, sprang ihr bei. Er sagte der „Rheinischen Post“: „Die Arbeit entsprach absolut dem wissenschaftlichen Standard.“ Aus Wissenschaftsorganisationen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft kam Kritik am Verfahren und vor allem der Vorabveröffentlichung der Sachstandsermittlung.