Die früheren Landtagsabgeordneten Alfred Geisel und Volker Klenk haben aus Protest gegen Stuttgart 21 ihre Orden zurückgegeben.

Stuttgart - Abgesprochen war es nicht, was der langjährige, ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Alfred Geisel und der frühere FDP-Landtagsabgeordnete Volker Klenk in diesen streitvollen Tagen getan haben. Alfred Geisel (79), 24 Jahre lang MdL, davon 16 Jahre lang stellvertretender Landtagspräsident, hat die ihm 1991 verliehene Verdienstmedaille des Landes dem CDU-Ministerpräsidenten Stefan Mappus zurückgeschickt. Und Volker Klenk (72), der von 1976 bis 1980 im Landtag saß, dann aber aus Frust über das Ende der sozialliberalen Koalition in Bonn aus der FDP ausgetreten ist, hat dem Bundespräsidenten das ihm 1979 zuerkannte Bundesverdienstkreuz am Bande zurückgegeben.

Eines verbindet die beiden, die sich durch den Kreis der ehemaligen Landtagsabgeordneten gut kennen: Es ist der 30.September, an dem die Polizei im Schlossgarten mit Wasserwerfern und Tränengas massiv gegen die Stuttgart-21-Gegner vorgegangen ist und es viele Verletzte gegeben hat; Volker Klenk war einer von ihnen. Er sagt: "Die Beschlüsse und Urteile zugunsten von Stuttgart21 sind nachweislich auf der Grundlage falscher, unvollständiger und unklarer Voraussetzungen ergangen. Man sieht sich nicht in der Lage, neu zu befinden, während beim Atomausstieg unter gütiger Mithilfe der Atomlobby ohne Skrupel so verfahren wird."

Und dann der 30.September, der für Volker Klenk das Fass zum Überlaufen brachte: "Bestärkt in meinem Entschluss, das Verdienstkreuz zurückzugeben, wurde ich durch den brutalen Polizeieinsatz, bei dem auch gegen sehr junge Menschen Wasserwerfer, Schlagstöcke, Tränengas und Pfefferspray eingesetzt wurden. Ich selbst zähle zu den 400 Verletzten. Die politische Verantwortung für diese Barbarei tragen Stefan Mappus und Heribert Rech."

Geisel: SPD mit Volksentscheid auf richtigem Weg


Der Sozialdemokrat Alfred Geisel, ein Urgestein der Landes-SPD aus Aalen, sieht die Dinge ähnlich: "Die Ereignisse an diesem 30.September haben mich dazu gebracht, ein Zeichen des persönlichen Protestes zu setzen und die höchste Auszeichnung, die das Land zu vergeben hat, zurückzuschicken." Der Umgang der Politik mit den Bürgern, so Geisel, habe ihn von einem Sympathisanten für Stuttgart21 zu einem Zweifler und Kritiker werden lassen. Genauso sieht das auch Volker Klenk.

Alfred Geisel sagt jetzt: "Ein Hauptfehler lag doch schon darin, dass Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster den Bürgerentscheid vereitelt hat. Unverständlich ist mir auch, weshalb es nicht möglich sein soll, jetzt eine Besinnungspause einzulegen, während die sogenannte Schlichtung läuft." Stattdessen setze der Ministerpräsident Mappus auf Konfrontation, und die Bundeskanzlerin erkläre die Landtagswahl am 27.März zum "Volksentscheid über Stuttgart21", so Geisel. Er kritisiert: "Bei dieser Landtagswahl geht es doch um viel mehr als ,nur‘ um dieses Projekt – die Verkürzung halte ich für verhängnisvoll." Die SPD indessen sei mit ihrer Forderung nach einem Volksentscheid "auf dem richtigen Weg".