Tausende Landesbedienstete gehen am Samstag gegen die grün-rote Regierung auf die Straße. Sie fürchten, dass die geplante Verschiebung der Besoldungserhöhung von Dauer sein wird.

Stuttgart - Beamte dürfen nicht streiken – in der Freizeit protestieren dürfen sie, so viel sie für nötig halten. Und der Beamtenbund Baden-Württemberg hält es für zwingend, zur Demonstration in der Stuttgarter City aufzurufen. Am Samstag wollen sich 3000 bis 5000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes mit Plakaten und Trillerpfeifen Geltung verschaffen, weil Grün-Rot beschlossen hat, die Anhebung von Besoldung und Versorgung zu vertagen.

 

„Zwölf Monate“ seien gerade das Reizwort in seinen Reihen, sagte der Landesbund-Chef Volker Stich der Stuttgarter Zeitung. Um diesen Zeitraum soll die Besoldungserhöhung für zwei Drittel seiner Mitglieder verschoben werden. „Das bedeutet, dass die Betroffenen 2013 eine Nullrunde haben.“ Und ein Ende des Prozesses sei nicht terminiert. Es sei gut möglich, dass die zeitversetzte Anhebung der Besoldung für die gesamte Legislatur gelte. Deswegen habe der Protesttag eine enorme Bedeutung. „Die Reaktion wird deshalb so besonders heftig, weil wir schon wieder in Vorlage treten für die nächsten Jahre.“

Legen die Grünen keinen Wert auf Beamtenstimmen?

Die Bundestagswahlen kommen der Gewerkschaft entgegen; so kann sie hoffen, dass die Gegenwehr die Regierung nicht unbeeindruckt lässt. Was den größeren Koalitionspartner angeht, gibt sich Stich aber keiner Illusion hin: „Ich gehe davon aus, dass die Grünen auf die Wählerstimmen bei den Beamten keine Rücksicht nehmen werden“, urteilt er. Dies habe mit der allgemein gewachsenen Zustimmung zu ihrer Politik und vor allem zum Ministerpräsidenten zu tun. Zudem sind die Grünen aus der Perspektive von Stich „mehr noch als die SPD echte Überzeugungstäter, die von ihren Ideen beseelt sind“.

Vor allem Winfried Kretschmann zählt er zu dieser Kategorie. Der Regierungschef hatte dem Vernehmen nach jüngst die anderen Ministerpräsidenten davon überzeugen wollen, das Pensionsniveau von derzeit 71,2 Prozent des letzten Monatsgehalts für künftig einzustellende Beamte zu kürzen. Doch wurde die sogenannte Kaminrunde von der Diskussion über die Hochwasserfolgen dominiert – Kretschmann kam nicht zum Zuge. Allerdings hatten ihm zuvor schon sein Koalitionspartner SPD als auch andere Staatskanzleien signalisiert, dass sie bei diesem Vorhaben nicht mitgehen wollen – der Plan wäre somit nicht mehrheitsfähig gewesen. Kretschmann stand somit isoliert da. Offen ist, ob er nun noch einen weiteren Anlauf wagt. Für den Ernstfall hat der Beamtenbund ohnehin schon angedroht, dass er dann vor das Bundesverfassungsgericht ziehen will.

Besoldungserhöhung vertagt

Tariferhöhung
Die Angestellten im öffentlichen Dienst erhalten gemäß dem Tarifabschluss für die Länder seit Januar 2,65 Prozent mehr Gehalt. Anfang 2014 gibt es weitere 2,95 Prozent.

Verschiebung
Grün-Rot plant eine zeitversetzte Anhebung für Beamte und Pensionäre: Bis zur Gehaltsstufe A 9 soll die Besoldung am 1. Juli um 2,65 Prozent erhöht werden – dies tangiert 46 000 Beamte im Landesdienst. Für 21 000 Staatsdiener in A 10/11 erfolgt die Anhebung zum 1. Oktober. 120 000 Beamte sind in A 12 und höher eingruppiert; sie müssen bis Januar 2014 warten. Die gleiche Systematik gilt dann für die 2,95 Prozent; sie könnte nach dem Tarifabschluss 2015 fortgeführt werden.

Demonstration
Um elf Uhr ist an diesem Samstag eine Auftaktkundgebung an der Lautenschlagerstraße geplant. Es folgt ein Protestmarsch zum Oberen Schlossgarten, wo um zwölf Uhr die Hauptkundgebung beginnt.