Kunden, die ihre Anzahlungen zurückforderten, stellten den Betreiber des Schmidener Küchenparadieses im November 2013 zur Rede. Seit Mittwoch wird dem Mann wegen Betruges und Insolvenzverschleppung der Prozess gemacht.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Fellbach - Der Umfang des Verfahrens um das frühere Küchenparadies in Fellbach-Schmiden vor der 11. Wirtschaftsstrafkammer des Stuttgarter Landgerichts ist enorm: 92 Zeugen sind geladen, zumeist geschädigte Kunden, die Unterlagen füllen 15 Aktenordner. Wie soll diese Menge an Aussagen in acht Prozesstagen bewältigt werden? Das fragt sich der Verteidiger des 33-jährigen Hauptangeklagten, dem vorsätzliche Insolvenzverschleppung, Bankrott, Betrug und Untreue vorgeworfen wird. Doch der Vorsitzende Richter Roderich Martis zeigt sich optimistisch: Der 33-Jährige habe bei der Polizei doch schon weitgehend alles zugegeben.

 

92 Zeugen sollen den Fall des Küchenstudios erhellen

In 93 Fällen soll der Küchenverkäufer seine Kunden um insgesamt mehr als 200 000 Euro betrogen haben. Da die Firma finanziell in der Klemme steckte, bekam er die Küchen nur noch gegen Vorkasse geliefert. Diese beglich er schließlich mit den Anzahlungen von Kunden, deren Küchen er noch gar nicht bestellt hatte. Zum Teil streckten diese nahezu den kompletten Kaufpreis vor. Als das System mit der Insolvenz zusammenbrach, sahen einige der Kunden weder ihre neue Einbauküche noch die Anzahlung wieder.

In einigen Fällen wurden die Küchen finanziert. Der 33-Jährige trat dabei als Vermittler der Ratengeschäfte auf, seine Kunden zahlten. Seine 31-jährige Frau, die ebenfalls angeklagt ist, war als Geschäftsführerin der GmbH eingetragen und ist laut Anklage mitverantwortlich, dass die Insolvenz von der Geschäftsleitung im November 2013 über ein Jahr lang nicht beantragt wurde, obwohl die Firma seit dem November 2012 zahlungsunfähig gewesen sei. Weder der 33-Jährige noch seine Frau, die faktisch nahezu nichts mit der Firma zu tun hatte, stellten je einen Insolvenzantrag – dieser ging von Gläubigern aus.

Kompagnon soll Küchen auf eigene Kasse verkauft haben

Neben dem Ehepaar ist noch ein 45-jähriger Schreiner angeklagt. Dieser hatte die Groß- und Einzelhandelsfirma für Küchen im Jahr 2007 zusammen mit dem 33-Jährigen gegründet. Während letzterer den Verkauf und die Büroarbeit machte, montierte der 45-Jährige die Küchen und bearbeitete Reklamationen. Mit der Zeit sei es jedoch zu Streitereien zwischen den beiden Gesellschaftern gekommen. „Er hat mir immer mehr reinzureden versucht, welche Art Küchen ich verkaufen soll“, sagt der 33-Jährige. So sei es schließlich zur Trennung gekommen. „Das Küchenparadies war meine Idee, ich hatte ihn dazu geholt, er sollte gehen“, sagte der 33-Jährige Mit 70 000 Euro sei der Partner ausbezahlt worden. Das sei ein Grund gewesen, der zur finanziellen Schieflage der Firma führte, schildert der 33-Jährige die Umstände seines Scheiterns.

Außerdem habe ihn der 45-Jährige hintergangen, indem er Küchen ohne sein Wissen verkauft und mehr als 54 000 Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet habe. Da er seinen früheren Kompagnon deswegen anzeigte, sitzt dieser nun wegen Untreue beim Prozess auch auf der Anklagebank.

Bank kündigt Kredite über 90 000 Euro

Obwohl das Unternehmen in den ersten Jahren gar nicht schlecht dastand, ging es vom Jahr 2011 an stetig bergab. Ohne das nötige Kapital, aber mit offenen Krediten von mehr als 90 000 Euro bei einer Bank, lief das Geschäft auf dünnem Eis. Als die Bank die Kredite im Oktober 2013 schlagartig kündigte, weil der 33-Jährige absprachewidrig ein weiteres Geschäftskonto bei einer anderen Bank in Fellbach eröffnet hatte, war das Küchenparadies quasi pleite. „Ich habe nur keine Insolvenz beantragt, weil ich meinen Kunden so viel wie möglich zurückzahlen wollte“, sagt der 33-Jährige. Diese sehen das anders: Die meisten fühlen sich von dem 33-Jährigen betrogen. Der Prozess geht an diesem Donnerstag weiter.