Die Stadt Ludwigsburg will ihr Radwegenetz umkrempeln – und zehn Hauptrouten schaffen. Die Umsetzung des Konzepts würde voraussichtlich mindestens neun Millionen Euro kosten.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Die Formel klingt griffig, übersichtlich, irgendwie unkompliziert – und das ist gewollt. Schließlich will Gunter Kölz, Gesellschafter des gleichnamigen Planungsbüros, für seine Ideen Werbung machen. „3 mal 10“: diese simple Rechnung soll aus Ludwigsburg eine Fahrradstadt machen. Der Weg dahin allerdings ist weniger einfach. Zehn Hauptrouten für Fahrradfahrer benötige Ludwigsburg, hat Kölz ausgerechnet. Innerhalb von zehn Jahren könnte der Ausbau dieses Netzes abgeschlossen sein, glaubt der Ingenieur. Aber nur, wenn die Stadt in jedem Jahr mindestens zehn Euro pro Einwohner investiert, also rund 900 000 Euro. „Wir können das Rad nicht neu erfinden, sollten aber eine möglichst nachhaltige Lösung anstreben“, sagt Kölz.

 

Nur wenige Strecken werden mit den Rad zurückgelegt

In den vergangenen Monaten hat das Büro im Auftrag der Stadt untersucht, wo Handlungsbedarf besteht, und kürzlich legte Kölz im Gemeinderat sein Konzept vor. 47 Seiten dick lang ist die Präsentation, überschrieben mit den Worten: „Vision Radfahren im Jahr 2025“. Die Experten haben Verkehrsströme ausgewertet, die Stärken und Schwächen des bestehenden Netzes analysiert. Herausgekommen ist ein Konvolut mit Zahlen, die belegen, dass etwas getan werden muss. Der Anteil der Wege, die in Ludwigsburg mit dem Fahrrad zurückgelegt werden, liegt bei 8,9 Prozent. Zum Vergleich: in Freiburg sind es 28 Prozent, in Münster 32. In Stuttgart, wegen der schwierigen Topografie traditionell keine Fahrradstadt, werden nur mickrige 5,3 Prozent aller Fahrten mit dem Rad erledigt.

In Ludwigsburg stieg der Wert zuletzt immerhin an. An einzelnen Stellen wurden bei Messungen kürzlich gar 20-mal mehr Radler gezählt als noch vor zehn Jahren. „Im Osten der Stadt platzen einige Radwege aus allen Nähten, während im Westen noch deutlicher Nachholbedarf besteht“, berichtet Gerhard Ressler, der Verkehrsplaner im Rathaus.

Die Ausgaben für Radwege sollen deutlich erhöht werden

Im noch nicht verabschiedeten Haushalt für 2014 stehen rund 300 000 Euro für den Bereich Radwege zur Verfügung. Der Oberbürgermeister Werner Spec hat bereits angedeutet, dass der Betrag mittelfristig angehoben werden muss, ohne sich jedoch auf eine konkrete Zahl festzulegen. Auch Michael Ilk zeigt sich reserviert: „Es ist noch viel Planungsarbeit nötig“, sagt der neue Baubürgermeister. Die Umsetzung des Konzepts werde frühestens im Jahr 2015 beginnen.

Denn Kölz hat zunächst einmal nur die grobe Richtung skizziert, in die es gehen könnte. Fünf Routen, die an der Marbacher Straße, Wilhelmstraße, Schorndorfer Straße, Friedrich-Ebert-Straße und Aldinger Straße entlang führen, sollen den Osten, die City und den Westen verbinden. Dazu kommen fünf Nord-Süd-Verbindungen, unter anderem über die Schlieffenstraße, Martin-Luther-Straße, Uhlandstraße, Königsallee und Oststraße. Was davon realisiert wird, muss der Gemeinderat entscheiden, der sich voraussichtlich Ende 2013 erstmals intensiver mit dem Zehn-Routen-Modell befassen wird.

Auf einigen der von Kölz vorgeschlagenen Strecken sind bereits Radwege oder Schutzstreifen für Radler, für einen Großteil der Verbindungen müsste die Infrastruktur jedoch neu geschaffen werden – mit allen Konflikten, die dies erfahrungsgemäß mit sich bringt. Denn für Radwege braucht es Platz: Die Stadt könnte die Breite der Straßen verringern, Fahrspuren umwidmen, und eine stets umstrittene Lösung ist der Verzicht auf Parkplätze.

Der Verkehrsexperte fordert einen Paradigmenwechsel

Ilk versichert, dass man Autofahrer nicht „mutwillig einbremsen“ werde. Doch dass dies immer gelingt, darf bezweifelt werden. Denn auch der Bürgermeister ist überzeugt, dass der Anteil der mit dem Rad zurückgelegten Wege in Ludwigsburg zu niedrig ist, und hält einen Anstieg von 8,9 Prozent in den „deutlich zweistelligen Bereich“ für wünschenswert.

Kölz betont, dass dafür ein Paradigmenwechsel nötig sei, und nennt ein Beispiel: An der Schorndorfer Straße, der eine zentrale Bedeutung in dem Konzept zukommt, wird an vielen Stellen auf beiden Seiten geparkt. „Ob dies so bleiben kann, ist fraglich“, sagt Kölz. Wolle man Radlern etwas Gutes tun, müsse man in der Regel anderen Verkehrsteilnehmern etwas wegnehmen. Deshalb seien an vielen Orten im Stadtgebiet Grundsatzentscheidungen zu fällen. Auch Gerhard Ressler ist überzeugt: „Der Gemeinderat muss Farbe bekennen.“