Sie haben schon immer davon geträumt, eine Briefkastenfirma zu gründen, finden Liechtenstein oder die Cayman Islands aber unpassend? StZ-Kolumnist Erik Raidt hat eine Briefkasten-Alternative in Stuttgart entdeckt.

Stuttgart - Seit einiger Zeit denke ich darüber nach, mich proaktiv zu verändern. Derzeit firmiert meine Company unter der Adresse Plieninger Straße 150. Das ist mir einfach zu unglamourös. Wer an Plieninger Straße 150 denkt, der denkt vielleicht an Filderspitzkraut, dem steigt der Krautduft womöglich sogar in die Nase, der stellt sich schlimmstenfalls vor, in einen Kuhfladen zu latschen. Wenn auf Deiner Visitenkarte Plieninger Straße steht, wirst Du niemals Weltmarktführer. Oder wie der Amerikaner es ausdrücken würde: „If you can make it there, you can also make it in Großbottwar or Strümpfelbach.“

 

Sofa, Hausschuhe, Bier

Das kann für einen New-Economy-Egomanen nicht das Ende der Fahnenstange sein. Wie gut, dass es das „Excellent Business Center Stuttgart Königstraße“ gibt. Im sechsten Stock des Königsbaus, „in 1-a-Lage direkt am Schlossplatz“, finde ich laut der Werbung im Internet eine „gelungene Symbiose von Tradition und Moderne“ und mein Büro besticht künftig durch „Licht und Transparenz“. Also alles ganz anders als bisher. Dumm nur, dass man auch in diesem Büro noch innovativ, kreativ und effektiv im Hamsterrad strampeln sollte.

Doch auch für dieses Problem bietet das „Excellent Business Center“ eine Lösung: das „virtual office“. Im virtuellen Büro nutze ich nicht selbst den Stuhl ab, sondern meine Sekretärin: „Unser Sekretariat identifiziert sich voll mit Ihrem Unternehmen und nimmt in Ihrem Firmennamen alle Anrufe entgegen.“ Ich sehe mich zu Hause auf dem Sofa, Hausschuhe an, Fernbedienung in der Hand, zweites Bier. Und gleichzeitig mein zweites Ich, vertreten durch eine wohlklingende Telefonstimme: „Raidt-Texte Im- und Export, was können wir für Sie tun?“ Auf der Visitenkarte prangt meine Adresse: Königstraße 26.

Zwischen den Geissens und Varoufakis

Wenn ich es auf der King Street 26 geschafft habe, werden meine kühnsten Träume wahr: „Ihr Firmenschild am Gebäude rundet Ihr professionelles Erscheinungsbild excellent ab.“ In fiebrigen Visionen kann ich das goldene Schild mit dem in Schnörkelschrift eingravierten Firmennamen am Königsbau schon erkennen. Über mir die Firmenschilder der Geissens und von Uli Hoeneß, unter mir die des griechischen Finanzministers Varoufakis und des weißrussischen Diktators Lukaschenko. Das wird die schönste Briefkastenfirmen-Bürogemeinschaft aller Zeiten.

1-a-Grüße, Erik Raidt