Die Stuttgarter Kinos bereiten sich auf die höchste Auslastung von Pärchensitzen in ihrer Geschichte vor. Es lockt das Peitschendrama „Fifty Shades of Grey“. StZ-Kolumnist Erik Raidt verschickt schon vorab devote Grüße.

Stuttgart - Fifty Shades of Grey“ kennen die meisten Stuttgarter bisher nur von den Abgaswolken am Neckartor und auf dem Pragsattel. Doch im Leben gibt es härtere Strafen als den Dauerstau im Kessel, denn neben dem Islam gehört auch der Sadomasochismus zu Deutschland. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, braucht es keine Rede eines inzwischen halbvergessenen Bundespräsidenten, man muss nur die örtlichen Kinobetreiber fragen. Die Stuttgarter Kinos bereiten sich auf die größte Auslastung von Pärchensitzen seit der Ausstrahlung von „La Boum – die Fete, Eltern unerwünscht“ vor. Diesmal lockt das Peitschendrama „Fifty Shades of Grey“, in dem eine devote Studentin auf einen strengen Milliardär trifft.

 

Für die Katholiken unter den Sadomaso-Schwaben gilt der Besuch des Films als unbedenklich: Papst Franziskus hat vor dem Kinostart in einer Enzyklika festgelegt, dass er „würdevolles Schlagen“ für unbedenklich hält. Die Kinos bieten in diesem Zusammenhang ein Jumbo-Menü an, bei dem Klebeband und Kabelbinder aus dem Baumarkt gereicht werden, zur anschließenden persönlichen Verwendung. Schon jetzt dröhnt die PR-Trommel der Kinobetreiber bis über die Schmerzgrenze hinaus – vor allem am Valentinstag sollen die Vorstellungen überaus beliebt sein.

Nicht wie die Karnickel vermehren

Es bleibt der Fantasie überlassen, ob der  gemeinsame Kinobesuch die weitere Abendgestaltung beeinflusst. Jedenfalls gelten auch dabei die Papstworte, dass sich gute Katholiken nicht wie „Karnickel vermehren“ müssten – außerdem reicht die Traditionslinie des Sadomasochismus in der katholischen Kirche bis ins Mittelalter zurück. Für Protestanten gibt es im Jahr des Evangelischen Kirchentags in Stuttgart bedauerlicherweise noch keine solche Handreichungen, was angesichts der konfessionellen Machtverhältnisse in der Stadt schade ist. Der Protestantismus verfügt nicht über jene S/M-nahen Geschichten, in der Daumenschrauben und Käfighaltung eine größere Rolle gespielt hätten.

Pünktlich zum Kinostart von „Fifty Shades of Grey“ könnte es in Stuttgart zu einer Kostümballung kommen, bei der unklar bleibt, ob es sich um einen Faschings-Batman oder um einen dunkel gekleideten Lustsklaven handelt, der von seiner Liebsten beim Gassigehen an der kurzen Leine zum Kinobesuch ausgeführt wird. Wie es aussieht, wenn einem nach dem Kino die Reitgerte ausrutscht, lässt sich am besten in der Wilhelma besichtigen: Die Paviane laufen ganzjährig mit einem roten Po durchs Gehege.

Devote Grüße, Erik Raidt