Die Baden-Württemberger sind so fruchtbar wie lange nicht mehr: das Statistische Landesamt meldet einen kleinen Babyboom. Nur Stuttgart hinkt hinterher. StZ-Kolumnist Erik Raidt weiß, warum.

Stuttgart - Stuttgart ist gewöhnt daran, Spitzenklasse zu sein: Feinstaubspitzenklasse, Abstiegssorgenspitzenklasse, Stäffelesspitzenklasse und so weiter, immer die Nummer eins, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Wenn Stuttgart nicht die Nummer eins ist, müssen die Statistiker betrunken gewesen sein. Jetzt ist es wieder so weit. Das Statistische Landesamt meldet einen Babyboom in Baden-Württemberg – die höchste Geburtenrate seit 1997. Am fruchtbarsten sind die Biberacher, auch in Tuttlingen oder Calw gehören Krabbelgruppen zu den beliebtesten Start-ups.

 

Stuttgart liegt landesweit bei der Geburtenrate auf dem vorletzten Platz. Das ist der zweiterste von hinten, nicht mal dabei hat es für den Spitzenplatz gereicht. Die Landeshauptstadt verzeichnet immer noch eine höhere Sport- als Kinderwagendichte – wer sich näher mit dem demografischen Wandel beschäftigt, muss das zum Brüllen finden. Die Frage ist: Warum vermehren sich die Stuttgarter seltener als die Biberacher und die Tuttlinger? Die Antwort lautet: es liegt an einem Handtuch.

Das kratzigste Badehandtuch aller Zeiten

Als die Bundesrepublik und die DDR vor 25 Jahren wiedervereinigt wurden, gab es zur Belohnung hundert Mark Begrüßungsgeld, was zu einem unmittelbaren Aufschwung bei Aldi und Beate Uhse führte. Wenn sich ein Stuttgarter und eine Stuttgarterin vereinigen und daraus ein neuer Stuttgarter hervorgeht, kommt zur Begrüßung Besuch von der Stadt. Der Besuch erzählt, dass es mit einem Kitaplatz vermutlich nicht ganz leicht wird – und er hat ein Badehandtuch für das Baby dabei.

Das Handtuch ist gelb mit einem schwarzen Rössle drauf – die Farben und das Wappen der Stadt. Da weiß das Baby gleich, wo es dran ist. Leider ist das Badehandtuch außergewöhnlich kratzig, es gehört zu den kratzigsten Handtüchern, die die Eltern je in den Händen gehalten haben, es hilft beim Waschen auch kein Weichspüler. Das Baby findet das Handtuch doof. Wenn es das Handtuch nur sieht, weint es schon, manchmal brüllt es sogar, selbst wenn man beruhigend auf es einredet und ihm erzählt, dass das Handtuch ein Geschenk vom Onkel Fritz von der Stadt Stuttgart sei und es das Fritzle bestimmt nicht böse gemeint habe.

So jedenfalls wird die Geburtenrate in Stuttgart niemals steigen. Vielleicht sollte man mal in Biberach anrufen, was dort verschenkt wird. Falls einem gar nichts anderes einfällt, wäre ein Begrüßungsgeld völlig in Ordnung, davon könnte das Baby ein weiches Badehandtuch bekommen.

Freundliche Grüße, Erik Raidt