Willi I. führt als neuer König des Landtags die Disziplin wieder ein. Zuverlässigkeit schade nie, weiß Stächele aus eigener Erfahrung.  

Stuttgart - Ich kann Ihnen gar nicht genug dafür danken, dass Sie in dieser Woche Ihre Untertanen reich beschenkt haben. Kurz nach Ihrer Krönung zum Landtagspräsidenten haben Sie neue Pfosten für die baden-württembergische Leitkultur in den Oberen Schlossgarten gerammt: Von nun an sollen sich die Abgeordneten von Ihren Stühlen erheben, wenn Sie Einzug in das Parlament halten. Es ertönen zum Beginn der Sitzung wahlweise drei Gongschläge, drei Salutschüsse oder drei Trinksprüche.

 

Schon seit langem sind Sie im Land für Ihre asketische Härte sich selbst gegenüber bekannt. Jetzt legen Sie diese hohen Maßstäbe auch an andere an: "Die Parlamentsdisziplin wird von mir mit aller Strenge eingefordert und durchgesetzt."

Lieber Willi I., als Disziplinator sprechen Sie mir aus dem Herzen. Bedenkenswert finde ich auch Ihre Gedankenspiele zu einem Strafenkatalog für Abgeordnete, die nicht gerade sitzen, während Reden gähnen oder von der großen Pause zu spät in den Saal zurückkommen. Dem Vernehmen nach denken Sie darüber nach, Abgeordnete nachsitzen zu lassen und zum Büroputzen einzuteilen. Wer stört oder über Koalitionsgrenzen hinweg Briefchen schreibt, der muss sich in eine Ecke des Landtags stellen und sich eine Viertelstunde schämen.

Und im Hintergrund klingt Rio Reiser

Es ist wirklich nicht zu viel von unseren Abgeordneten verlangt, wenn man von Ihnen ein bisschen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit erwartet. Das wissen gerade Sie am Besten: Ich erinnere mich noch daran, wie Sie vor einigen Jahren Ihre Frau an einer Autobahnraststätte in Luxemburg vergaßen und erst in Mannheim ihren Chauffeur zum Umdrehen bewegten.

Deshalb freue ich mich schon ungemein auf die nächsten Sitzungen des Landtags. Sie könnten eine hübsche Perücke tragen, so wie die feinen Herren im House of Lords. Dazu würden Sie leise eine Melodie von Rio Reiser summen: "Das alles und noch viel mehr, würd' ich machen, wenn ich König von Deutschland wär'!"

Mit untertänigsten Grüßen,

Erik Raidt