Die Ermittlungen gegen den Oberndorfer Waffenhersteller Heckler & Koch wegen Waffenlieferungen nach Mexiko entwickeln nun auch politische Brisanz.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Oberndorf - Die Ermittlungen gegen den Oberndorfer Waffenhersteller Heckler & Koch wegen Waffenlieferungen nach Mexiko erhalten nun auch politische Brisanz. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart geht dem Verdacht nach, dass ein Zusammenhang zwischen einer Parteispende und einer Ausfuhrgenehmigung für die Waffen besteht. Dies bestätigte eine Sprecherin der Behörde. Um welche Partei es geht, sagte sie nicht; schon in der Vergangenheit hatte es aber Wirbel um Spenden des Unternehmens an die CDU gegeben.

 

Der Verdacht der Bestechung gründet sich offenbar auf mehrere E-Mails, die bei einer erneuten Razzia bei Heckler & Koch in der vergangenen Woche sichergestellt wurden. Diese legten die Vermutung nahe, dass die Spende "gezielt im Hinblick auf eine bestimmte Genehmigung zum Export von Waffen nach Mexiko platziert wurde", sagte die Sprecherin. Die Spende sei an die gleiche Partei geflossen, der der für solche Genehmigungen zuständige Beamte angehöre, ergänzte sie laut dpa.

Neben dem Verdacht der Bestechung gegen Verantwortliche von Heckler & Koch gebe es derzeit keinen Anfangsverdacht auf Bestechlichkeit und daher keine Ermittlungen gegen einen Amtsträger, stellte sie klar. Man habe keine Hinweise dafür, dass sich der Beamte von der Spende beeinflussen ließ. Im Fokus der Staatsanwaltschaft sei nur dieser eine Fall und nicht andere, unstrittige Parteispenden, die das Unternehmen in der Vergangenheit geleistet habe.

Bestechungsvorwurf mexikanischer Auftraggeber zurückgewiesen

Die Ermittlungen gegen Heckler & Koch laufen bereits seit einem knappen Jahr. Zum Auftakt gab es im Dezember 2010 eine Razzia in den Geschäftsräumen. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, zwischen 2005 und 2010 unerlaubt Gewehre nach Mexiko geliefert zu haben. Diese waren offenbar in mexikanischen Unruheprovinzen aufgetaucht, in die sie nicht hätten gelangen dürfen.

Den Oberndorfern wird in diesem Zusammenhang Bestechung von Auftraggebern in Mexiko und neuerdings von inländischen Amtsträgern vorgeworfen. Sie verweisen auf eine Genehmigung, die Waffen an die zentrale Beschaffungsbehörde in Mexiko zu liefern, die dem Verteidigungsministerium untersteht. Mit einer sogenannten Endverbleibserklärung sei sichergestellt, dass die Waffen nur an Polizeieinheiten in unproblematischen mexikanische Bundesstaaten weitergegeben würden, hieß es zuletzt.

Von der PR-Agentur, die das Unternehmen beauftragt hat, war am Mittwoch zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. In der jüngsten Pressemitteilung vom 11.November hatte Heckler & Koch nur den Vorwurf der Bestechung von Bestellern in Mexiko, nicht aber von deutschen Amtsträgern zurückgewiesen. Man kooperiere mit der Justiz und begrüße die Aufklärung, betont das Unternehmen stets. Hinter den Vorwürfen vermutet es eine "Diffamierungskampagne von interessierter Seite". Hauptzeuge der Staatsanwaltschaft sei ein ehemaliger Mitarbeiter, der heute für ein Konkurrenzunternehmen in den USA arbeite.

Aufsehen um Spenden von Heckler & Koch

In Stuttgart begann umgehend das Rätselraten, welche Partei betroffen sein könnte. Ein Sprecher des CDU-Landesverbandes sagte, in den zurückliegenden zehn Jahren habe die Landespartei keine veröffentlichungspflichtige Spende von Heckler & Koch erhalten; die Schwelle für die Offenlegung liegt bei 10.000 Euro. Ob und inwieweit andere Parteigliederungen - auf Bundes-, Bezirks- oder Kreisebene - Spenden von Heckler & Koch erhalten hätten, wisse man nicht.

Der CDU-Kreisverband Tuttlingen, der in früheren Jahren Spenden der Waffenfirma erhalten hatte, teilte mit, man habe seit zehn Jahren nichts mehr bekommen. Der CDU-Fraktionschef Peter Hauk sagte, ihm seien keine Fälle bekannt, wo zwischen einer Parteispende und politischem Handeln ein Zusammenhang bestanden habe. "Ich schließe das grundsätzlich aus, jedenfalls für die CDU-Fraktion", betonte er vor Journalisten. Die Landtagsriege ist indes kein grundsätzlich Empfänger von Parteispenden; sie wird mit Staatsgeldern finanziert.

Um die Jahrtausendwende war der heutige Chef der Unionsfraktion im Bundestag und damalige Generalsekretär der Landes-CDU, Volker Kauder, im Zuge der Spendenaffäre um Helmut Kohl wegen Parteispenden von Heckler & Koch in die Schlagzeilen geraten. Grund war ein auffälliger zeitlicher Zusammenhang: Im Jahr 1998 ermöglichte die CDU-geführte Bundesregierung der Waffenfirma ein millionenschweres Geschäft.

Für die Produktion des automatischen Gewehrs HK 33 durfte sie Pläne und Material an die Türkei liefern. Die Entscheidung fiel angeblich direkt im Kanzleramt von Kohl, bei dem sich Kauder für die Oberndorfer eingesetzt haben soll.

Kauder brachte Heckler & Koch einen Bundeswehr-Auftrag

Im gleichen Jahr erhielt die CDU ihre bisher größte Spende von Heckler & Koch: 40.000 Mark, mehr als doppelt so viel wie in den Jahren zuvor; zumindest ein Teil des Geldes ging an Kauders Kreisverband Tuttlingen. Kauder hatte jeden Zusammenhang bestritten: "Ich bin nicht käuflich", sagte er damals, er kümmere sich "um alle Firmen in meinem Wahlkreis". Auch Heckler & Koch versicherte damals, man spende "unabhängig von geschäftspolitischen Interessen".

Bereits 1994/95 hatte sich Kauder für die Waffenfirma eingesetzt. Damals kaufte die Bundeswehr ein neues Kampfgewehr bei Heckler & Koch und nicht bei einem österreichischen Konkurrenten - offenbar auch dank Kauders Zutun. Er relativierte seinen zunächst herausgestellten Einfluss später erheblich. "Herr Kauder hat uns wirklich sehr geholfen", lobte damals eine Firmensprecherin.