Die Reaktionen in der muslimischen Welt auf den Anschlag in Paris sind eindeutig. Eine Rechtfertigung für die blutige Tat könne es nicht geben.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Der Terroranschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ hat unter den Muslimen Entsetzen ausgelöst. In der ganzen Welt melden sich hohe Vertreter des Islam zu Wort. „Dieser schrecklich barbarische Akt ist auch ein Angriff auf die Demokratie und die Pressefreiheit“, erklärte Dalil Boubakeur der Präsident des Dachverbandes für muslimische Kultur in Frankreich (CFCM) und langjähriger Rektor der Großen Moschee von Paris. In einem Aufruf im Internet heißt es weiter: Vor dem Hintergrund dieses „nationalen Dramas“ müsse die islamische Gemeinde Frankreichs sich vor eventuellen Manipulationen durch Extremisten hüten. In einer international angespannten Situation, die durch den Wahn von Terroristen geprägt sei, die sich zu Unrecht auf den Islam beriefen, rufe der Verband „alle den Werten der Republik und der Demokratie Nahestehenden“ auf, Provokationen zu vermeiden und kein Öl ins Feuer zu gießen.

 

Auch die Gelehrten der Al-Ashar-Universität in Kairo verurteilen den Anschlag. Sie beklagen den „kriminellen Angriff“ und betonen, dass „der Islam jede Gewalt anprangert“. Die Al-Ashar-Universität gilt als eine der höchsten Autoritäten im sunnitischen Islam. Auch die Arabische Liga, die ihren Sitz in der ägyptischen Hauptstadt hat, ließ keine Zweifel aufkommen, dass es sich bei der Ermordung der französischen Journalisten um ein Verbrechen handelt. Der „Terroranschlag“ werde „mit Schärfe verurteilt“, heißt es in einer Mitteilung.

Auch Teheran verurteilt den Anschlag

In diesem Fall stimmen die sunnitischen Geistlichen mit ihren schiitischen Glaubensbrüdern aus dem Iran überein. In Teheran meldete sich die Sprecherin des Außenministeriums zu Wort. Marsieh Afcham erklärte, Terroranschläge gegen unschuldige Menschen hätten nichts mit dem Islam zu tun und seien daher inakzeptabel. Allerdings schränkte sie ein, dass Beleidigung von Religion und religiösen Persönlichkeiten unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit genauso inakzeptabel sei.

Andere muslimisch geprägte Regierungen wandten sich ebenfalls scharf gegen die Attentate in Frankreich. „Es gibt keine Rechtfertigung für diese brutale Tat“, erklärte Afghanistans Präsident Aschraf Ghani. In Indonesien verurteilte der Rat muslimischer Prediger (MUI) den Anschlag. „Das Attentat verstößt gegen humanitäre Werte und auch die islamische Lehre“, sagte MUI-Sprecher Muhyidin Junaidi.

Auch im Internet formiert sich Widerstand

Unter den Kritikern der Bluttat sind auch Länder und Parteien, denen immer wieder ihre ideologische Nähe zum Dschihadismus vorgeworfen wird – dazu gehören Katar und Saudi-Arabien ebenso wie die islamistische Ennahda-Partei aus Tunesien, die sich „entsetzt und empört über diese feige und kriminelle Tat“ zeigte.

Auch im Internet formiert sich Widerstand, etwa bei Iyad el-Baghdadi, einem bekannten Aktivisten des arabischen Aufstands. „Das Töten von Unschuldigen im Namen des Islam ist für mich als Muslim viel, viel widerwärtiger als es irgendeine Karikatur jemals sein kann“, schreibt er auf Twitter – und wird damit fast 38 000 mal retweetet.

Eindeutige Worte aus Deutschland

Eindeutige Worte kommen auch von den Muslimen in Deutschland. Nach Auffassung des Münchner Forums für Islam war der Anschlag die „schwerste Form der Gotteslästerung“. Der Prophet Mohammed würde sich „von solchen barbarische Akten wie heute in Paris geschehen distanzieren und sie schärfstens verurteilen“, sagte der Vorsitzende des Forums und Penzberger Imam Benjamin Idriz. Meinungsfreiheit sei ebenso zu schützen wie Religionsfreiheit. Die Täter „gehören nicht zu Europa und sie gehören nicht zum Islam“, unterstreicht Benjamin Idriz.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland verurteilte den Terroranschlag aufs Schärfste. Man sei erschüttert und schockiert über das Massaker. „Es gibt in keiner Religion und keiner Weltanschauung auch nur einen Bruchteil einer Rechtfertigung für solche Taten.“ Durch diese Tat sei nicht der Prophet gerächt, sondern der Glaube verraten und muslimischen Prinzipien in den Dreck gezogen worden, heißt es in einer Erklärung. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) spricht von einem Angriff auf die Menschheit. „Dies ist niederträchtig und absolut inakzeptabel“, heißt es in Stellungnahme des Kölner Dachverbandes. Der Schöpfer gebiete die Achtung seiner vielfältigen Schöpfung. Die Unverletzlichkeit des Menschen, seiner Würde und seiner Integrität sei darin zentral.

Auch die Befürworter melden sich

Allerdings findet der Anschlag in Paris unter radikalen Muslimen im Internet auch großen Beifall. Im Kurznachrichtendienst Twitter wurden die Attentäter als Helden gefeiert. „Möge Allah unsere französischen Brüder belohnen“, schrieb ein Nutzer mit dem Namen „Abu Dujana“. Am Donnerstag kursierte auch ein Youtube-Film, in dem Bilder von der Bluttat mit religiösen Sprechgesängen unterlegt sind. Dschihadisten benutzen diese Art von Musik üblicherweise für ihre Terrorvideos. Das Video trägt den Titel „Oh, einsamer Wolf, zögere nicht“ – was als Aufforderung an Nachahmungstäter zu verstehen ist. Neben dem Titel steht der Name der Terrormiliz Islamischer Staat.