Die Murdoch-Vertraute Rebekah Brooks war eine der mächtigsten Frauen Großbritanniens. Doch nun steht sie vor den Trümmern ihrer Karriere.  

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London - Vor einer Woche war sie noch eine der einflussreichsten Persönlichkeiten in Großbritannien: Herrscherin über Rupert Murdochs britisches Pressereich, hofiert von Politikern, Prominenz und Polizeipräsidenten und eng befreundet mit Premierminister David Cameron. Inzwischen findet sich Rebekah Brooks in einer anderen, weniger angenehmen Welt wieder. Am Sonntag wurde sie verhaftet und zwölf Stunden lang verhört. Auf freiem Fuß ist sie seither nur noch bedingt.

 

Sie muss im Herbst einen Prozess wegen illegaler Lauschaktionen und Bestechung der Polizei befürchten. Am Dienstag ist sie außerdem, zusammen mit Rupert Murdoch und dessen Sohn James, ins Unterhaus geladen, um dem Medienausschuss Rechenschaft über ihre Amtsführung abzulegen. Ihren Posten im Murdoch-Empire verlor sie schon am Freitag. Aus solch schwindelnden Höhen ist im Vereinigten Königreich in den vergangenen Jahren kaum jemand gestürzt.

In gewisser Weise spiegelt dieser Absturz den steilen Aufstieg der heute 43-Jährigen wider. Vor elf Jahren schon hatte Murdoch die rot gelockte Britin zur Chefredakteurin seiner auflagenstärksten britischen Zeitung, des sonntäglichen Sex- und Skandalblatts "News of the World", gemacht. Mit harschem Regime und fragwürdigen Methoden verschaffte sie dem Blatt neue Beachtung auf einem hart umkämpften Markt. Zum Beispiel dachte sie sich die Kampagne "Named Shamed" ein, um angebliche Päderasten öffentlich zu brandmarken. Die Serie führte zu Aufruhr an vielen Orten und zur Bedrohung eines vollkommen unschuldigen Kinderarztes durch eine aufgestachelte Leserschaft.

Murdoch hat Brooks als "fünfte Tochter" betrachtet

Was während ihrer drei Jahre an der Spitze der "News of the World" niemand wusste, war freilich, dass das Blatt sich von korrupten Polizisten offenbar auch private Daten britischer Bürger liefern ließ - und dass es Privatdetektive damit beauftragte, die Mailboxen mobiler Telefone zu "hacken". Erst Recherchen des Londoner "Guardian" brachten dies zu Tage. Rebekah Brooks bestritt zwar, in solche Aktionen eingeweiht gewesen zu sein, aber die meisten ihrer Landsleute fanden es wenig glaubhaft, dass die damalige Chefin nichts gewusst haben sollte.

2003 hatte Rebekah Brooks im Murdoch-Konzern von der "News of the World" zum Werktags-Boulevardblatt "The Sun" gewechselt. 2009 berief Murdoch sie als Generaldirektorin an die Spitze von News International (der auch "Times" und "Sunday Times" unterstehen). Mit der ihr eigenen Mischung aus Rücksichtslosigkeit und Charme sei es ihr gelungen, sich bei dem Medienzaren beispiellosen Rückhalt zu verschaffen, berichten Bekannte von Brooks. Murdoch habe sie geradezu als "fünfte Tochter" betrachtet. Man weiß, dass die beiden gern zusammen schwimmen und essen gingen, und dass Murdoch Geburtstagsfeiern für sie ausrichten ließ. Auch mit Ruperts Sohn James, ihrem unmittelbaren Vorgesetzten, hielt Brooks engen privaten Kontakt.

Vater und Sohn Murdoch jedenfalls setzten noch vergangene Woche alles daran, Rebekah Brooks auf ihrem Posten zu halten. Sie befürchteten wohl, dass bei ihrem Abgang James Murdoch selbst stärker ins Kreuzfeuer der Kritik geraten könnte. Erst am Freitag erwies sich alle Gegenwehr als zwecklos. Rebekah Brooks musste dem Planeten Murdoch "Goodbye" sagen. 48 Stunden später war sie schon in Haft.