Von Montag an steht ein 38-Jähriger wegen Volksverhetzung vor dem Landgericht Stuttgart. Ihm wird vorgeworfen, einen Handel mit rechtsextremistischen Musiktiteln betrieben zu haben.

Stuttgart - Auf CDs, die man im freien Handel zu Recht vergeblich sucht, hat sich ein jetzt 38-Jähriger aus der rechten Szene spezialisiert. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wirft dem Mann, der sich von heute an vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten muss, vor, er habe zumindest drei Jahre lang – von Januar 2007 bis Ende des Jahres 2009 – einen schwunghaften Internethandel mit rechtsextremistischen Musiktiteln betrieben. Die Songs von Bands mit Namen wie „Volkszorn“, „Oithanasie“ oder „Noie Werte“ verbindet, dass sie allesamt menschenverachtende und gewaltverherrlichende Texte haben.

 

Die Internetplattform des 38-Jährigen hat nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft eine zentrale Rolle beim An- und Verkauf solcher CDs gespielt. Allein im Zeitraum von Januar bis April 2007 habe die Plattform 1,7 Millionen Besucher gehabt, heißt es in der Anklageschrift.

Die Polizei hatte den 38-Jährigen, der im Rems-Murr-Kreis lebt, schon längere Zeit im Visier gehabt: Im September 2007 war die Bleibe des Mannes, der damals noch in Bad Cannstatt wohnte, durchsucht worden. Die Polizei entdeckte dort CDs mit Skinheadmusik. Nach einer gut anderthalbjährigen Analyse der Einkäufe auf der Internetplattform durchsuchte die Polizei dann im März 2009 bundesweit 224 Wohnungen und Geschäftsräume und beschlagnahmte mehr als 45 000 CDs. Die 204 Beschuldigten dieser Razzia waren anhand der Bestellzahlen ermittelt worden. „Alle werden verdächtigt, die rechtsextremen Tonträger verkauft zu haben“, erklärte der Generalstaatsanwalt Siegfried Mahler. Der bloße Kauf einer solchen CD ist nicht strafbar, ebenso wenig ist es verboten, rechte Musik im Privaten zu hören. In der Öffentlichkeit hingegen dürfen solche Lieder nicht gespielt werden.

Mehrere tausend CDs entdeckt

Anfang August des selben Jahres machte die Polizei eine neuerliche Durchsuchung bei dem Angeklagten und wurde wieder fündig. In einem Keller in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) entdeckten die Ermittler mehrere tausend CDs mit rechtslastigem Inhalt – genug, um einen Kleinlaster zu füllen. Wenige Monate später, Anfang Dezember 2009, hatte der 38-Jährige bei einem Skinheadkonzert in Urbach im Rems-Murr-Kreis insgesamt 33 CDs bei sich, die er an Jugendliche unter 18 Jahren verkaufen wollte.

Obendrein soll der Mann rechten Bands sein Tonstudio zur Verfügung gestellt haben. Er selbst ist in der braunen Szene auch als Musiker und Schlagzeuger der Gruppe „Carpe Diem“ bekannt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm in dem nun beginnenden Verfahren auch vor, im Juli 2008 in der einschlägig bekannten Gaststätte „Linde“ in Schorndorf-Weiler ein rassistisches Lied zum Besten gegeben und sich dabei mit der Gitarre begleitet zu haben.

Immenser Aufwand für Ermittler

Dass so viel Zeit zwischen der Durchsuchung im Jahr 2009, der Anklageerhebung im Mai 2012 und dem Verhandlungsbeginn vergangen ist, hat mit dem immensen Aufwand zu tun, den die Auswertung der beschlagnahmten Tonträger mit sich bringt. Jede CD, jedes Lied musste durchforstet und auf menschenverachtende, rassistische und gewaltverherrlichende Inhalte überprüft werden.

Infos zur rechten Szene

Konzerte:
Im Jahr 2011 haben laut dem Verfassungsschutz in Baden-Württemberg elf Skinheadkonzerte stattgefunden – sechs weniger als im Jahr zuvor. 2010 hatte es 17 Musikveranstaltungen im Land gegeben, drei davon in der Region Stuttgart: Ende Mai in Ebersbach (Landkreis Göppingen), im September in Weil der Stadt (Landkreis Böblingen) und in Winterbach (Rems-Murr-Kreis). Allerdings lag die durchschnittliche Zahl der Konzertbesucher 2011 mit 150 Personen höher als im Vorjahr. Die Zahlen von 2012 liegen bisher nicht vor.