Recommerce ist im Trend: Für eine Pauschale kann man alte Bücher, Filme, CDs oder auch Smartphones losschlagen. Firmen wie Momox oder Rebuy verkaufen die Ware dann auf eigenes Risiko weiter.

Stuttgart - Vor einigen Jahren konnte man alte, rare Bücher nur über Antiquariate und Bibliotheken beziehen oder sie auf Flohmärkten kaufen. Heute, im Internetzeitalter, haben sogenannte Recommerce-Plattformen wie Momox oder Rebuy den Handel mit gebrauchten Büchern, und ebenso mit anderen bereits gebrauchten Medien und technischen Geräten, fest in der Hand. Und auch die Internetriesen Amazon und Ebay mischen bei dem boomenden Geschäft mit dem An- und Verkauf von Medien aus zweiter Hand mit.

 

Im Unterschied zu herkömmlichen Verkaufsplattformen können Kunden beim Recommerce – eine Kombination der englischen Begriffe E-Commerce („elektronischer Handel“) und reuse („Wiederverwendung“) – ihre nicht mehr benötigten Medien- und Elektronikartikel direkt zum Festpreis verkaufen. Die Verkaufsseiten funktionieren alle nach einem ähnlichen Prinzip: Der Verkäufer tippt in ein Suchfeld den Artikelnamen oder die ISBN-Nummer ein. Daraufhin erscheint ein Ankaufspreis. Akzeptiert man diesen, muss die Ware per Post an das Unternehmen verschickt werden. Die Artikel werden überprüft und gegebenenfalls für den Weiterverkauf aufbereitet. Anschließend verkaufen die Plattformen die gebrauchten Gegenstände mit durchschnittlich 40 Prozent Marge. Nach wenigen Tagen erhält der Kunde das Geld – ohne nach einem Käufer zu suchen oder um den Preis zu feilschen.

Die Plattformen lassen sich ihr Risiko bezahlen

Die Tatsache, dass die Plattformen den gesamten Verkaufsprozess übernehmen und dass das Verkaufsrisiko bei ihnen liegt, lassen sie sich natürlich bezahlen. Dementsprechend erreichen die Beträge, welche die Verkäufer angeboten bekommen, meist nur ein Bruchteil dessen, was der Verkauf auf herkömmlichen Verkaufsseiten eingebracht hätte. „Unsere Preise werden anhand unserer Erfahrung aus Angebot, Nachfrage, unseren Kosten beim Versand, Prüfen und Lagern sowie einem Risikoabschlag errechnet“, heißt es etwa von Seiten des Berliner Start-ups Momox, das inzwischen 750 Mitarbeiter hat und einem Jahresumsatz von 60 Millionen Euro generiert. Daher könnten sich Preise sehr schnell ändern oder quasi neue Artikel fast wertlos sein, wenn es keine entsprechende Nachfrage gebe. Dennoch schwanken die Ankaufspreise vor allem bei Elektrokartikeln erheblich, wie entsprechende Vergleichsportale im Netz zeigen.

Neben den Recommerce-Pionieren Momox und Rebuy, die beide im Jahr 2006 gegründet wurden, gibt es inzwischen etwa 50 weitere deutsche Internetseiten, die sich auf den professionellen Handel mit gebrauchten Büchern, CDs, DVDs, Videospielen oder Elektronikartikel spezialisiert haben. Auch der Onlinehändler Amazon bietet den Kunden seit geraumer Zeit die Möglichkeit, Gebrauchtes sofort gegen Bares oder Gutscheine zu tauschen. Und das Internetauktionshaus Ebay kooperiert mit dem Portal Flip4New, um aufbereitete Elektronik an- und weiterzuverkaufen.

Gebrauchte Bücher und Filme sind das wichtigte Segment

Mit diesen Verkäufen werden hierzulande dreistellige Millionenumsätze gemacht. Am wichtigsten in diesem Bereich ist der Handel mit gebrauchten Büchern und Filmen. Doch auch der Markt für Smartphones und Tablets wird wichtiger. Da die Nachfolgemodelle der Anbieter immer schneller erscheinen, wird das Kaufen und Verkaufen gebrauchter Modelle immer attraktiver. „Das größte Potenzial sehen wir im Hardwarebereich“, sagt Lawrence Leuschner, Gründer von Rebuy.

In einigen Fällen funktioniert der Onlinehandel mit gebrauchten Medien so gut, dass er Kapitalanlagefirmen anlockt. So stieg der Investor Iris Capital im Jahr 2013 mit geschätzten fünf Millionen Euro bei Rebuy ein. Und die Elektronikmärkte Saturn und Media Markt, beide Töchter der Metro-Gruppe, haben sich an Flip4New beteiligt. Doch nicht allen Anbietern gelingt es, sich erfolgreich zu behaupten: Vor wenigen Wochen musste der Anbieter Cashfix Insolvenz anmelden.

Dennoch gehen Marktbeobachter davon aus, dass der Boom beim Weiterverkauf gebrauchter Artikel nicht abbrechen wird – ganz im Gegenteil. „Es ist davon auszugehen, dass der Recommerce-Markt auch in Zukunft weiterhin wachsen wird“, sagt Thomas Golly, geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens Sempora Consulting aus Bad Homburg über die Ergebnisse seiner Studie zum Thema. Die steigende Onlineaffinität über alle Altersgrenzen hinweg sowie die wachsende Zahl an Marktakteuren, sagto der Experte, begünstigten diese Entwicklung.