Acht Monate lang regiert Schwarz-Grün bislang in Stuttgart. Aus der Wirtschaft kommt verhaltenes Lob. Die Gewerkschaften sind dagegen noch skeptisch.

Stuttgart - Baden-Württembergische Wirtschaftsvertreter sind weitgehend zufrieden mit den ersten Aufschlägen der Landesregierung. Die Arbeitgeber sehen - ebenso wie Südwestmetall - die Bildungspolitik der grün-schwarzen Landesregierung auf dem richtigen Weg. Die Gewerkschaften sind noch vorsichtig: „Es ist noch nicht allzu viel passiert - wir haben erst die erste Hälfte der ersten Halbzeit eines Fußballspiels hinter uns“, sagte Verdi-Landeschef Martin Gross. „Die Mannschaften betasten sich, aber Tore oder Gegentore gab es noch nicht.“ Handwerkspräsident Rainer Reichhold äußerte sich vorsichtig kritisch: „Der Wechsel war doch etwas holprig“, sagt er. Er wünsche sich mehr Tempo - vor allem allem beim Glasfaserausbau.

 

Die Arbeitgeber begrüßen unterdessen vor allem die Stabilität in der Bildungspolitik. „Wir haben schon genug Zeit durch Strukturdebatten und Schulversuche verloren“, sagte Arbeitgeberchef Rainer Dulger der Deutschen Presse-Agentur. Dass die Landesregierung die lähmende Debatte um G8/G9 nun beendet habe, sei gut. „Auch dass der Leistungsgedanke wieder in den Vordergrund gerückt werden soll, begrüße ich.“

Nachholbedarf sehen die Arbeitgeber weiterhin bei der Ganztagsschule. Sie müsse weiter ausgebaut werden. „Da ist noch einiges zu tun. Nur so wird auch Müttern die Chance gegeben, schnell wieder in Vollzeit in ihren Beruf zurückkehren zu können.“

Lob gibt es auch für Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Industriepräsident Hans-Eberhard Koch begrüßte die Fortsetzung der dialogorientierten Politik der Regierung. Hoffmeister-Kraut verstehe die Themen der Unternehmer, sagte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf. „Sie hat sich sehr schnell auf dem politischen Parkett eingefunden.“ Wolf hatte bereits mehrfache betont, er könne sich die Konstellation Schwarz-Grün auch auf Bundesebene vorstellen.

Kritik kommt von den Gewerkschaften

Aus Reihen der Gewerkschaften ist verhaltene Kritik zu hören. „Die Frage ist, ob die Industriepolitik noch ausreichend Priorität hat. Für Baden-Württemberg ist die Industrie essenziell“, sagt IG-Metall-Landesbezirksleiter Roman Zitzelsberger.

Verdi-Landeschef Martin Gross sorgt sich unterdessen um soziale Fragen: „Von einer Sozialpolitik, die die zunehmende Spaltung unserer Gesellschaft angeht, ist wenig bis nichts zu hören. Bei der Vermögenssteuer tauchen die Grünen ab, auch vom Sozialminister kommt dazu nichts“, sagte Gross. „Das macht mich nachdenklich.“

Die Gewerkschaften fürchten vor allem, dass die von ihnen durchgefochtene Bildungszeit zurückgedreht wird. „Bei der Bildungszeit ist in den Nebenabreden schwarz auf weiß zu lesen, dass sie beschnitten werden soll - nach dem Motto „Wenn zu viele Beschäftigte die Bildungszeit nutzen, wird es zu teuer für die Betriebe und wenn zu wenige sie nutzen, wird es nicht gebraucht““, sagte Gross. „Wir sagen, Finger weg von der Bildungszeit!“