Die Kommunen müssen sparen. Viele überlegen sich, ob sie Bäder schließen – oder doch kräftig investieren. Es zeichnen sich drei Tendenzen ab.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)
Stuttgart - Vielen Kommunen steht das Wasser bis zum Hals: Die Finanzkrise setzt ihnen enorm zu, und nun geraten selbst die Hallen- und Freibäder, die lange Jahrzehnte als unverzichtbar galten, ins Visier der Sparkommissare. Tatsächlich sind Bäder fast immer ein teurer Spaß: In Stuttgart muss die Stadt jedes Jahr ein Defizit von 13,5 Millionen Euro tragen. Trotzdem können nicht einmal mehr dringliche Sanierungen finanziert werden - so versickert im Freibad Killesberg jährlich Wasser für 25.000 Euro im Untergrund.

Joachim Heuser von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen in Essen bezeichnet die Region Stuttgart als einen der wichtigsten Bäderstandorte Deutschlands: Tatsächlich gibt es in den 179 Kommunen der Region rund 150 Freibäder, Hallenbäder, Erlebnisbäder, Thermen und Saunalandschaften. Berühmt ist das Stuttgarter Mineralwasser - kein Wunder also, dass das Leuze mit 900.000 Besuchern mit großem Abstand das beliebteste Bad ist. Es folgt das Fildorado mit 600.000 Besuchern. Zum Vergleich: zur größten Badelandschaft Europas - der Therme Erding - pilgern jährlich 1,5 Millionen Menschen.

Erstaunlich ist allerdings, dass die Region zwar eine reiche Auswahl an Thermen besitzt, aber kaum große Spaß- und Erlebnisbäder (siehe Hintergrund). Das Fildorado steht einsam an der Spitze; lediglich das Oskar-Frech-Bad in Schorndorf sucht nach der Sanierung den Anschluss.

Wie die kommunalen Betreiber auf die Finanzkrise reagieren, ist unterschiedlich.
Drei Tendenzen
zeichnen sich aber ab.

Schließung von Bädern wird Realität


In Stuttgart erheben sich im Gemeinderat erste Stimmen, die das Schließen kleinerer Bädern fordern - schließlich muss das Bäderamt das Defizit jährlich um mindestens 4,5 Millionen Euro drücken. In Adelberg weiß man, wie bitter und vor allem wie teuer ein solcher Schritt ist: Das einst erste Wellenbad Württembergs war 2009 zugemacht worden, weil die Besucherzahlen schrumpften. Trotzdem muss die Gemeinde jährlich 625.000 Euro an Kosten tragen; und noch bis 2025 muss der Schuldendienst abgetragen werden.

Kommunen investieren Millionen


Für viele Kommunen ist das Schließen deshalb keine Alternative; sie suchen ihr Heil im Angriff. Sprich: sie bauen neue Bäder oder verwandeln ihr hässliches Entlein mit Wasserrutschen, Sprudelbecken und neuen Saunen in einen stolzen Schwan. In Backnang, Geislingen/Steige, Bad Überkingen oder auch Weinstadt gibt es handfeste Pläne - in Weinstadt beispielsweise sieht das Konzept vor, aus den fünf dezentralen Bädern ein großes neues zu machen.

Wer sich allerdings auf den Wettbewerb einlässt, entkommt ihm nicht mehr. Denn die Besucher wandern dorthin, wo die meisten Attraktionen sind; ständige Neuerungen sind deshalb Pflicht. So investiert das Mineralbad Cannstatt gerade 3,65 Millionen Euro in einer Generalüberholung, und selbst das Fildorado, das erst vor vier Jahren eröffnet wurde, braucht laut Geschäftsführer Wolfgang Hermle eine weitere Rutsche; der Gemeinderat scheut aber noch die Investition. Jörg Bay, der Betriebsleiter des Oskar-Frech-Bades in Schorndorf, sagt: "Man muss immer am Ball bleiben, sonst überholen einen die anderen."