Wie sehen Ihre Konzepte für Migranten aus?
Das ist für uns schwieriger als für andere Hochschularten. Wir haben ja ein sehr eng gefasstes Studiensystem. Wenn wir mit Ausländern erfolgreich sein wollen, müssen wir entsprechende Vorbereitungszeiten einkalkulieren. Wir überlegen uns derzeit, ein DHBW-Kolleg aufzubauen, in dem wir zunächst 60 junge Leute ein Jahr lang sprachlich, fachlich und kulturell vorbereiten.
Man lobt das System DHBW als einzigartig. Warum macht es keiner nach?
Viele machen es nach. In Bayern heißt es Studium duale, auch Universitäten bieten solche Studiengänge an. Momentan machen 70 000 von insgesamt 2,7 Millionen Studierenden in Deutschland ein duales Studium. Da gibt es noch Nachholbedarf. In Baden-Württemberg ist jeder zehnte Studierende bei der DHBW. In Lateinamerika arbeiten neun Universitäten in vier Ländern exakt nach unserem System. Russland will 50 Prozent seiner Studiengänge auf praxisorientiertes Studium umstellen. Mit China gibt es ebenfalls intensive Gespräche zum Aufbau dualer Studiengänge in Kooperation mit dort aktiven deutschen Unternehmen.
Was ist das Problem in Deutschland?
Manche verbinden eine Ausbildung mit einem Fachhochschulstudium. Das dauert viereinhalb Jahre. Das ist nicht attraktiv für sehr gute Abiturienten. Die können in der Zeit an der DHBW einen Master machen. Die dreijährigen Intensivstudiengänge werden sich durchsetzen. Die Wirtschaft braucht in zehn Jahren mehr Fachkräfte als heute. Die Quelle DHBW ist für mittelständische Unternehmen in einer ländlichen Region unschlagbar. Ich mache mir keine Sorgen um die Entwicklung der DHBW.
Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften bemühen sich um die Promotion. Ist das ein Thema für die DHBW?
Es wäre falsch eine Promotion anzustreben, die dann als Promotion zweiter Klasse angesehen wird. Für mich war immer der Königsweg die Zusammenarbeit mit der Universität. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit spüren wir immer stärker. Viele unserer akademischen Mitarbeiter und unserer Absolventen promovieren bereits an Universitäten.
Die Zukunft der DHBW liegt im Master?
Der Master war in den vergangenen zwei bis drei Jahren die größte Herausforderung. Wenn man das nicht anbieten kann, ist man auf einmal zweite Wahl. Die Anforderung an die DHBW war, diese Weiterentwicklung anzubieten, ohne die Studierenden aus den Unternehmen rauszuholen. Das Unternehmen hat drei Jahre in die Studenten investiert, wenn die dann alle davonlaufen, werden die Betriebe am DHBW-Modell zweifeln. Wir wollen mit unserem Konzept eine eigenständige Marke entwickeln, den dualen praxisintegrierten Master, den man nur machen kann, wenn man einen Vertrag mit einem Unternehmen hat. Der Master kann neben der weiteren Qualifizierung für mittelständische Unternehmen vor allem auch ein entscheidendes Personalbindungsinstrument sein. Unser Master ist nicht nur für unsere Absolventen interessant. Er ist noch viel attraktiver für die Absolventen anderer Hochschulen. Die durchlaufen im Unternehmen quasi eine Trainee-Maßnahme, die mit dem Master abschließt. Dort sehe ich enorme Wachstumspotenziale.
Was ist mit der Digitalisierung?
Das wird eine der ganz großen Herausforderungen werden. Wir werden überprüfen müssen, ob es sinnvoll ist, 230-mal parallel Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre anzubieten oder ob wir nicht Teile davon in sehr gut gemachten virtuellen Lehreinheiten zusammenfassen sollten. Die Tätigkeit eines Professors wird in den nächsten Jahren sehr viel anspruchsvoller werden. Professoren werden viel stärker Tutoren und Coaches der jungen Leute sein. Sie werden mit ihnen Projekte durchführen und gemeinsam entwickeln. Da haben wir in der DHBW eine große Chance, denn wir haben das Kleingruppenprinzip schon. Die Digitalisierung wird die Hochschulen stark verändern, und das wird noch einmal einen deutlichen Qualitätsschub bringen.