Wenn im Leintal bei Alfdorf-Brend im Mai die Sumpfdotterblumen üppig gedeihen, dann ist das auch Folge einer gelungenen Landschaftspflege. Eine Exkursion eines zu diesem Zwecke gegründeten Vereines hat jetzt gezeigt, wie komplex sich das Thema darstellt.

Schorndorf - Wer dieser Tage durch das Leintal in der Nähe des Alfdorfer Teilortes Brend spaziert, der bekommt eine Ahnung davon, wie blühende Landschaften aussehen können. Dass dort ein großes Meer von Sumpfdotterblumen den schmalen Fahrweg umrahmt, ist auch eine Folge des angewandten Naturschutzes, den der Landschaftserhaltungsverband Rems-Murr vom Waiblinger Landratsamt aus organisiert. Am Mittwoch haben dessen drei Mitarbeiter Paradebeispiele ihrer Arbeit gezeigt – wozu auch das Leintal gehört.

 

„Wir wollen, dass diese Flächen offen bleiben“, sagte die Natura-2000-Beauftragte des Kreises, Eva Rombach, bei der Vorstellung des Naturschutzgebiets. Die seltenen Arten, die im Leintal und im angrenzenden Rottal wachsen und leben, könnten dies nur tun, wenn die Landschaft offen bleibe und richtig gepflegt werde. Wie komplex diese Zusammenhänge sind, machte Rombach am Beispiel des Dunklen Ameisenkopfbläulings deutlich. Der seltene Schmetterling legt seine Eier in einer Blütenpflanze namens Wiesenknopf ab, von wo diese von bestimmten Ameisen aufgesammelt, in deren Bau transportiert und dort aufgezogen werden. Wird die Wiese aber zu früh gemäht, hat der Schmetterling keine Überlebenschance.

Dass dies durchaus geschehe, könne man an dem Gebiet Morgensand-Seelachen sehen, wandte der Urbacher Jörg Daiss, der sich für den Naturschutz im mittleren Remstal engagiert, ein. Die Mäharbeiten in den Naturschutzgebieten werden als Auftragsarbeiten von Landwirten ausgeführt. Für manche von ihnen sei das frühe Abmähen wirtschaftlich interessant, mutmaßt Daiss – das erste Gras im Mai sei energiereich und gut für Biogasanlagen geeignet. „Nicht jede Wiese, die jetzt schon gemäht worden ist, ist geschützt“, wandte Georg Enssle, der Chef des Geschäftsbereichs Landwirtschaft, dagegen ein.

Dass es Verluste an wertvollen Mahdwiesen gibt, musste auch Winfried Gerlinger, der das Thema im Regierungspräsidium Stuttgart bearbeitet, zugestehen. Rund zwei Drittel der schützenswerten Flächen befänden sich nicht innerhalb von Naturschutzgebieten. Bei einer Kartierung habe man beispielsweise im Ostalbkreis und im Kreis Schwäbisch Hall im Falle der ebenfalls geschützten Glatthaferwiese einen Rückgang um 20 bis 30 Prozent feststellen müssen, sagte Gerlinger. Die Ursache sei seiner Vermutung nach die Intensivierung der Landwirtschaft, durch welche das Grünland stärker genutzt werde. Im Gegensatz zu Naturschutzgebieten seien die Sanktionsmöglichkeiten gegen Landwirte, die so vorgehen, nicht sonderlich ausgeprägt. Ihnen drohe aber, dass die Gelder für die Landschaftspflege von ihnen zurückgefordert werden – und dass sie die Vegetation wieder herstellen müssten.

Was den Rems-Murr-Kreis betreffe, so würden die schützenswerten Flächen zurzeit durch ein Fachbüro kartiert, erklärte Winfried Gerlinger. Mit den Ergebnissen sei bis Ende des Jahres 2016 zu rechnen. Dann soll besser bekannt sein, wo die schützenswerten Flächen konkret liegen – und vor allem soll deren Pflege besser organisiert werden. Das Ziel ist laut Gerlinger ein Flächenmanagement. Es soll die Vorgaben so präzise definieren, dass geschützte Arten auch auf Dauer eine Chance haben.