Peter Zadek gehörte zu seinen Ziehvätern. Til Schweiger kann er nicht ausstehen: Ernst Konarek begeistert seit fast 50 Jahren als Theater- und TV-Schauspieler. Er wollte aber gar nicht auf der Bühne spielen, sondern darüber schreiben.

Renningen - Nein, Schauspieler wollte Ernst Konarek nicht werden. Zwar schwärmte er schon zu Schulzeiten fürs Theater, und als Literatur-Liebhaber schlief er quasi mit den Wälzern von Mann und Sartre unterm Kopfkissen. „Doch ich habe mich als Theaterkritiker gesehen“, erzählt der 69-Jährige in seinem Arbeitszimmer, umgeben von prall gefüllten Regalen mit zahllosen Büchern, Skripten und Reminiszenzen aus der inzwischen fast 50 Jahre andauernden Karriere auf der Theaterbühne und im Fernsehen.

 

Wie alles begann? „Reiner Zufall!“, sagt er grinsend. Im Rahmen seines Studiums der Theaterwissenschaften – er studierte außerdem Germanistik und Philosophie – habe er ein Praktikum an einem Wiener Theater absolviert. „Nach einem Einakter zeigten sich die Schauspieler von mir derart beeindruckt, dass sie mir eine Bewerbung für das Max-Reinhardt-Seminar empfahlen“, sagt Konarek. Er bestand die Aufnahmeprüfung, und die Sache kam ins Rollen.

Kumpel Herbert „Herbie“ Grönemeyer

Konarek siedelte nach Deutschland über und kam am Staatstheater Braunschweig unter. 1970 holte ihn der damalige Intendant Peter Zadek ins Bochumer Schauspielhaus, wo er in Shakespeares „Hamlet“ spielte. „Das war meine größte Zeit auf der Bühne“, sagt der Mann, der sich an einen Auftritt mit dem jungen Herbert Grönemeyer erinnert. Konarek bestach mit Wiener Humor, „Herbie“, wie er ihn nennt, sorgte für die musikalische Unterhaltung.

Dazwischen spielte er mehrmals an der Freien Volksbühne in Berlin, bevor er ein Engagement am Schauspiel Frankfurt und später am Nationaltheater Mannheim annahm. Schließlich landete Konarek am Staatstheater Stuttgart und schlüpfte bis 2010 unter anderem in die Rolle des redseligen Gaststättengewerbe-Inspektors Kurt Fellner im Erfolgsstück „Indien“.

Wie es ein weiterer Zufall wollte, verschlug es ihn auch zum Fernsehen. „In Baden-Baden traf ich Peter Patzak, Regisseur der Krimi-Serie ,Kottan ermittelt’. Und wie es bei Wienern so ist, saßen wir abends beim Italiener und er fragte mich, ob ich denn nicht mitspielen will“, erzählt der 69-Jährige. Was folgte, waren fünf Serien im österreichischen Fernsehen mit Konarek in der Hauptrolle. Später war er auch im „Tatort“ oder in der Serie „Kommissar Rex“ zu sehen.

Verpasster Einsatz

Nach lustigen Anekdoten aus seiner Karriere gefragt, kann sich Konarek das Lachen nicht verkneifen. „Da gibt es so einiges“, sagt der Mann, der sich an eine Inszenierung von „Kabale und Liebe“ erinnert. „Ich saß als Miller am Frühstückstisch und ein Kollege, der den Sekretär Wurm spielte, verpasste seinen Einsatz“, erzählt er. Irgendwann sei er völlig nervös aufgetaucht und prompt über eine Treppe gestolpert. „Das war’s dann für mich, danach war ich nur noch am Lachen“, erinnert er sich grinsend. In einer Inszenierung von „Die zwölf Geschworenen“ war es dann eine entweichende Darmblähung eines Darstellerkollegen, die ihn und die ganze Truppe aus dem Konzept brachte.

Komplexe Rollen habe er am liebsten gespielt – wie etwa im Bühnenstück „Der ewige Gatte“ von Dostojewski, als er die Figur Trussozki mimte, die von Szene zu Szene immer mehr dem Alkohol verfiel. „Das war spannend, nicht nur schauspielerisch, sondern auch psychologisch“, sagt er. Doch auch für Komödien brenne er. „In der TV-Serie ,Trautmann’ spielte ich den Zuhälter-König von Wien, ein witziger Kerl, das hat mir gut gefallen!“ Ordentlich Spaß habe er zudem in der Rolle des Soldaten Schwejk gehabt, in der er auch die Lachmuskeln der Zuschauer überstrapazierte. Dass er zweifelsohne über eine ausgeprägte satirische Ader verfügt, das bewies er nicht zuletzt als Interpret von Chansons des Wiener Kabaretts.

Das Theater hat sich verändert

Wenn er heute ins Theater geht, dann kommt es nicht selten vor, dass ihn schnell Langeweile überkommt. „Das Theater ist nivellierter, kommerzialisierter und damit unfreier geworden“, findet er. Man richte sich zu sehr nach dem Publikum. „Früher haben wir uns kaum darum geschert, was das Publikum denkt“, sagt er und lacht herzhaft.

Kein gutes Haar lässt er auch am schauspielerischen Können von Til Schweiger. „Er ist ein Zerrbild seiner selbst“, sagt er. „Ich glaube ihm kein Wort.“ Von seinem Landsmann Christoph Waltz indes schwärmt er in den höchsten Tönen. „Ich kenne ihn, weil er bei der selben Agentur war wie ich“, sagt er. Schade sei es nur, dass er als Bösewicht verbraten werde.

Als politisch Interessierter, der auch gegen Stuttgart 21 auf die Straße ging, inszenierte er jüngst das Bühnenstück „I Shall Not Hate“, das sich mit dem Israel-Palästina-Konflikt befasst und dessen Uraufführung der als „Gaza-Doktor“ bekannt gewordene Autor Izzeldin Abuelaish beiwohnte. Die Region bereist er regelmäßig, zumal eine seiner beiden Töchter in Haifa studiert.

Seine Entscheidung gegen den Notizblock hat er übrigens nie bereut. „Als Schauspieler fühle ich mich bis heute sehr wohl“, sagt der Wiener, der vor 26 Jahren mit seiner Gattin nach Malmsheim zog. „In meinem Leben hatte ich aber wahnsinniges Glück gehabt und dafür bin ich auch sehr dankbar.“