54 Millionen Euro umfasst der Haushalt für 2017. Nicht alle Gemeinderatsfraktionen haben eine Meinung dazu.

Renningen - Ist es ein lästiges Ritual oder notwendige Pflicht im Gemeinderat? „Meine Fraktion verzichtet auf eine Haushaltsrede“, kündigt Marcus Schautt, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler an. Die Themen seien klar, es gehe um den Lückenschluss, den Lärmschutz, Verkehr, Hesse-Bahn, Neubaugebiete. „Und zu allen Themen haben wir uns schon 100 Mal geäußert“, erklärt der Freie Wähler Schautt am Montagabend im Renninger Gemeinderat zwar – nur, um sich dann eben doch zu den Angelegenheit der Stadt zu erklären.

 

Die Stadt steht finanziell gut da

Eigentlich steht der städtische Haushalt für das Jahr 2017 an diesem Abend auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Also ein 54,3 Millionen Euro umfassendes Zahlenwerk. Aus drei Gründen steht die Stadt finanziell so gut da: Zum einen spült die gute Konjunktur Geld in die Kassen, zum Zweiten hat die Stadt im vergangenen Jahr einige Steuern erhöht, und zum Dritten spart sie durch die gesenkte Umlage an den Landkreis 800 000 Euro ein.

Doch bis so ein Haushalt beschlossene Sache ist, durchläuft er ein kompliziertes Prozedere. Ende Dezember hatte die Stadtverwaltung ihren Vorschlag dem Gemeinderat vorgestellt. Ende Februar soll er dann verabschiedet werden.

Stunde der Gemeinderäte

Und dazwischen, also am Montagabend, schlägt die Stunde der Gemeinderäte, die ihre Meinung zu dem Zahlenwerk abgeben dürfen – falls sie es denn wollen. Denn auch Peter Weiß, der CDU-Fraktionschef, verkündet, den Sinn und die Notwendigkeit der Haushaltsreden in Frage stellen zu wollen. „Nur sehr wenige Bürgerinnen und Bürger haben sich in den letzten Jahren dafür interessiert“, begründet er seine Meinung – um dann aber ebenfalls zu einer längeren Rede anzusetzen.

Darin und in den Reden der Fraktionschefs der Grünen, der SPD und der „Frauen für Renningen“ kommen die Themen zur Sprache, die Renningen 2017 beschäftigen. So plant die Stadt, mit fünf Millionen Euro Grundstücke entlang der B 295 aufzukaufen, um dort ein neues Gewerbegebiet anzulegen. Und für den Lärmschutz sind 700 000 Euro im Etat eingeplant, worin der Wall am Kindelberg, aber zum Beispiel auch das Geld für geräuschmindernden Asphalt auf der B 295 enthalten ist. Für 300 000 Euro will die Stadt zudem das neue Stadtarchiv richten und den Platz an der südlichen Jahnstraße gestalten.

Marcus Schautt (FWV)

„Meine Fraktion verzichtet auf eine Haushaltsrede. Wer aus der Bürgerschaft eine Frage zu den Themen hat, ist zum Dialog mit uns herzlich eingeladen – es scheint aber wenig Interesse an unseren Haushaltsreden zu geben. Auch bei der Verwaltung mussten wir mehrfach nachhaken, bis man dort über unsere Vorschläge nachdachte.

Die Erhöhung der Realsteuern ist unserer Fraktion im vergangenen Jahr nicht gerade leichtgefallen. Ich verspreche aber den Bürgern, dass meine Fraktion extrem aufpasst, dass mit den Steuergeldern auch verantwortlich umgegangen wird. Zum Wachstum unserer Stadt: Die Mitbürger wünschen sich ein langsameres Wachstum. Fünf Millionen Euro für Grundstücksaufkäufe für das Gewerbegebiet zwischen der S 60 und dem Bergwald bräuchte es nicht. Wir beantragen, das einzustellen.“

Peter Weiß (CDU)

„Mit dem Haushalt 2017 sind wir zufrieden. Trotz aller Freude wird meine Fraktion weiterhin unsere bekannte Haushaltsdisziplin fortsetzen. Bei der Stadtentwicklung müssen wir die Sorgen der Bürger vor zunehmendem Lärm und Verkehr und wegfallenden Grünflächen ernst nehmen. Wir brauchen aber junge Familien, damit unsere Stadt jung bleibt. Den Steuererhöhungen haben wir zugestimmt, weil wir sonst mittelfristig in ein strukturelles Einnahmeproblem kommen. Problematisch war die Erhöhung der Grundsteuer, weil sie den Wohnungsmarkt weiter verteuert. Neben dem Ausbau unserer Infrastruktur übernehmen wir aber immer mehr freiwillige Leistungen in Hochwasserschutz und Lärmschutz. In alle Entscheidungen haben wir die Bürger mit einbezogen. Bürgerbeteiligung ist aber auch eine Holschuld – nicht nur, wenn man direkt betroffen ist.“

Martina Siedentopf (Grüne)

„Wir leben in aufregenden Zeiten. Es bleibt viel zu tun, von der Akzeptanz des Klimaschutzes hin zu aktivem Handeln sind wir in dieser Stadt noch nicht weit gekommen, insbesondere im Verkehrsbereich. Entlastende Alternativen wie die Hesse-Bahn werden behindert. Seit 25 Jahren wird in Renningen Carsharing betrieben. Der Ausbau des Angebots in Weil der Stadt brachte sogar die dortige Stadtverwaltung als neue Nutzerin. Das ist in Renningen ganz offensichtlich keine Option. Das Gewerbegebiet B 295 hängt für uns zwingend mit dem Endausbau des Lückenschlusses und der Südrandstraße zusammen. Vorher werden wir nicht zustimmen.

Das betreute Wohnen im Alter ist für meine Fraktion ein wichtiges Projekt. Wenn also die Verwaltung auf Zuruf der CDU nicht mehr an das Projekt an der Gottfried-Bauer-Straße glaubt, müssen wir die Standortfrage klären.“

Thomas Mauch (SPD)

„Künftig wird es keine Zehn-Hektar-Neubaugebiete mehr geben. Wohnbau Stück für Stück entsprechend dem Flächennutzungsplan, etwa mehr Gewerbe in Renningen-Süd, dann ist Schluss. Zum bezahlbaren Wohnraum: Wir können das öffentliche Vermögen aller ja nicht zugunsten einzelner verschleudern. Und wer meint, den privaten Grundstücksmarkt steuern zu können, ist einfach nur witzig. Bei den Finanzen war die Anhebung der Steuern richtig. Bei unserem Standard an Infrastruktur wäre es unvertretbar gewesen, den Verwaltungshaushalt strukturell ins Defizit laufen zu lassen. Beim örtlichen Gewerbe müssen wir auch liefern, etwa bei der Breitbandversorgung.

Beim betreuten Wohnen wäre es ein großes Versäumnis, wenn die Stadt nicht versucht, das Grundstück an der Gottfried-Bauer-Straße zu kaufen – der ideale Standort.“

Resi Berger-Bäuerle (FFR)

„Wir werden oft gefragt: Ist jetzt nicht genug gebaut? Wir erleben hier aber, wie dringend Wohnraum gebraucht wird. Die Raite ist der richtige Standort, auch kleineres Gewerbe anzusiedeln.

Die Kinderbetreuung kostenfrei anzubieten, wäre schön, ist aber Aufgabe des Bundes. Die Schnallenäcker sind jetzt sehr schnell bebaut und bezogen worden, wir werden wahrscheinlich noch in diesem Jahr über eine weitere Kindertagesstätte beraten.

Für uns gehören aber auch Sporthallen zu einer Stadt. Es kann nicht sein, dass die Leichtathletik nach Sindelfingen ausweichen muss. Der Bau der neuen Halle darf nicht bis 2019 verschoben werden. Auch brauchen wir einen Friedwald auf dem Friedhof. Und eine Stelle bei der Schulsozialarbeit für 1800 Schüler ist viel zu wenig, der Bedarf ist heute auch bei Grundschulkindern vorhanden.“