Das Landesregierung will nächste Woche über den Standort von Christoph 41 entscheiden – am möglichen neuen Standort überschlagen sich die Ereignisse.

Es wird nicht ruhiger in der Sache Christoph 41. Nachdem der Gemeinderat des kleinen Örtchens Wannweil bei Reutlingen, wo nach dem Willen eines Gutachtens der neue Standort für Christoph 41 sein soll, dessen Stationierung abgelehnet hatte, ist nun ein Bürgerentscheid erzwungen worden – um den Rettungshubschrauber doch nach Wannweil zu bringen. Am 6. November soll der Bürgerentscheid stattfinden. Möglicherweise zu spät, will das Innenministerium die Entscheidung zur Stationierung von Christoph 41 doch bereits nächste Woche treffen.

 

Planloses und mittlerweile verzweifeltes Agieren im Innenministerium

Hans-Dieter Scheerer (FDP) aus Weil der Stadt, der gemeinsam mit seinem Parteikollegen Erik Schweikert zu den sehr aktiven politischen Kämpfern für den Verbleib des Rettungshubschraubers in Leonberg gehören, kritisiert dieses Vorgehen. Dass das Innenministerium nun dem Bürgerentscheid in Wannweil vorweggreifen möchte und seine Entscheidung über die Standortverlegung bereits nächste Woche und damit vor dem 6. November treffen wolle, sei nur ein weiteres Beispiel dafür, wie „planlos und mittlerweile verzweifelt“ dort agiert werde. Scheerer wörtlich: „Langsam scheint nämlich auch den Entscheidern im Ministerium klar zu werden, dass das Gutachten, auf dem sie Ihre Entscheidung basieren, eklatante und offensichtliche Mängel hat.“ Allerdings sind bereits rund 235 000 Euro dafür ausgegeben worden. Nun wolle man offenbar „mit aller Macht eine fachlich notwendige Zweitbegutachtung verhindern“, erklärt Scheerer.

Und die Kritikpunkte am Gutachten sind nach wie vor mannigfaltig: die Daten wurden vor vielen Jahren erhoben, Fragen wie demografische Faktoren oder die Wetterlage seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Hinzu kommen neue Argumente. Ganz aktuell ist die Verkürzung der Hilfsfrist, die die grün-schwarze Landesregierung selbst auf den Weg gebracht hat: Nicht wie bisher in 15, sondern jetzt schon in zwölf Minuten muss das erste Rettungsmittel am Notfallort sein. Wenn es also am Leonberger Dreieck einen Unfall mit Schwerverletzten gibt, wie unlängst erst wieder geschehen, müsste das Notarztteam in etwas mehr als zehn Minuten zur Stelle sein. Mit dem Rettungswagen ist das auf unseren notorisch verstopften Straßen kaum realistisch. Scheerer: „Anders als der Sprecher des Ministeriums uns glauben machen will, sind diese Punkte gut begründet und werden von Experten vor Ort bestätigt.“

Bestmögliche Luftrettung für das Land sollte zur Verfügung stehen

„Und wenn das Ministerium dann das Totschlagargument aufführt, Kritiker an der Verlegung von Christoph 41 würde die Ängste der Bevölkerung schüren ist das schlicht und einfach falsch und selbst kein guter politischer Stil“, kritisiert Scheerer, der sich noch im Sommer mit dem für die Notfallrettung zuständigen Staatssekretär im Innenministerium, Wilfried Klenk, ausgetauscht hatte. Das Ziel aller müsse sein, die bestmögliche Luftrettung für Baden-Württemberg zur Verfügung zu stellen. „Das passiert aber nicht, wenn man sich auf nicht ausreichende Gutachten verlässt und die Bedenken der Menschen vor Ort ignoriert.“

Das Strukturgutachten Luftrettung war 2018 beauftragt worden, um für eine bessere Gebietsabdeckung die Rettungstransporthubschrauber-Standorte neu zu ordnen – das hätte den Abzug von Leonberg zur Folge. Im Mai lehnte die grün-schwarze Mehrheit im Petitionsausschuss eine Petition ab, die Rettungsorganisationen für den Verbleib initiiert hatten. Fachleute, wie etwa das Traumanetzwerk Region Stuttgart, hatten dem Ministerium ergänzende Informationen zur Verfügung gestellt – ohne Erfolg.