Sven Rebehn, der Geschäftsführer des Deutschen Richterbundes, warnt angesichts der Sicherheitsdebatte vor politischem Aktionismus. Er rät, die bestehende Gesetze umzusetzen. Er sieht jedoch Defizite in der Zusammenarbeit der Behörden.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Berlin - Sven Rebehn, der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, rät zur Besonnenheit. Die deutsche Sicherheitsarchitektur stehe nicht vor dem Kollaps. Vielmehr fordert der Jurist die Straffung föderaler Strukturen – jenseits der Verfassungsdebatte.

 

Herr Rebehn, was rät der Richterbund der Politik, wenn sie die Terrorabwehr verbessern will?
Sven Rebehn Foto: Richterbund
Wir fordern eine besonnene Sicherheitspolitik. Das Stakkato immer neuer Gesetzesvorschläge ist das Gegenteil von dem, was wir jetzt brauchen. Den Bürgern wird damit suggeriert, die deutsche Sicherheitsarchitektur stünde vor dem Zusammenbruch.
Ist der Rechtsstaat denn zahnlos?
Er ist durch diverse Sicherheitspakete seit 2001 immer wieder aufgerüstet worden. Die Behörden müssen nur – um im Bilde zu bleiben – konsequenter zubeißen.
Was ist schiefgelaufen, dass der Eindruck der Schwäche entstanden ist?
Im Bereich des Gesetzesvollzugs, bei der Zusammenarbeit der Behörden, bei der föderalen Struktur des Sicherheitsapparats läuft nicht alles optimal. Da teilen wir manche Kritik von Herrn de Maizière. Eine langwierige Diskussion über Verfassungsänderungen bringt aber nichts. Man muss vielmehr schauen, dass man die föderale Zusammenarbeit stärkt, die Aufgaben klarer voneinander abgrenzt und die strukturellen Mängel beseitigt.
Würde das den Gerichten helfen?
Ja. Um einem Verdächtigen etwas nachweisen zu können, brauchen wir belastbare Tatsachen. Da reicht kein Hörensagen oder mögliches Maulheldentum im Internet. Da braucht es harte Fakten, die eine Gefährdung belegen, also gerichtsfeste Tatsachen. Die haben die Behörden im Fall Amri nach eigener Einschätzung aber wohl nicht zusammentragen können.
Reichen die bestehenden Gesetze, um gegen Gefährder vorgehen zu können?
Es ist zumindest nicht so, dass der Rechtsstaat keine Handhabe hätte. Die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes sind aber in der Tat sehr verschachtelt und auslegungsbedürftig. Wenn sich dort Schwachstellen finden, wie die, dass man jemanden nicht in Abschiebungshaft nehmen kann, weil er wegen fehlender Ausweispapiere nicht innerhalb von drei Monaten abgeschoben werden kann, stellt sich schon die Frage, ob das eine angemessene Hürde ist.