Sparen, haushalten, nicht verschwenden: Wasser ist kostbar. Für vier Millionen Menschen im Südwesten wird es aus dem Bodensee abgezapft.

Stuttgart - Kroatienblau schimmert das Wasser. Fünf Meter tief ist der zwei Fußballfelder große Pool, den aus hygienischen Gründen nie ein Mensch berühren darf. „Fiele hier jemand ins Wasser, müssten wir alles Wasser ablassen und Boden und Wände säubern“, sagt der technische Geschäftsführer der Bodensee-Wasserversorgung (BWV), Hans Mehlhorn.

 

Der Hochbehälter Rohr in Stuttgart fasst 100.000 Kubikmeter, den Tagesbedarf von 700.000 Menschen. Es ist feinstes, eiskaltes Bodenseewasser, das nach 135 Kilometern die beiden Transportrohre verlässt, im Hochbehälter gesammelt und vom regionalen Versorger in die Wohnungen geleitet wird. Mehr als 1300 Wasserversorger kümmern sich im Südwesten ums Nass aus dem Hahn.

„Wasser ist eigentlich ein preisgünstiges Gut“, rechnet Wolfgang Eisele vom Verband für Energie und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg (VfEW) vor. Über den Daumen koste es jeden Bürger pro Tag gut 20 Cent. Dafür bekämen die Menschen ein Lebensmittel erster Güte, das seit wenigen Wochen aufgrund der neuen Trinkwasserverordnung auch einen Grenzwert für Uran - einmalig in Europa - enthalte.

Kein Thema

Für die BWV ist das Thema Schadstoffe nach eigener Darstellung ohnehin kein Thema. Das Bodensee-Wasser ist so sauber, dass es nur mit einfacher Filtertechnik gereinigt und auf seine Reise durch 1700 Kilometer Rohre zu letztlich vier Millionen Menschen im Südwesten geleitet wird. Weitester Punkt ist Bad Mergentheim nach 240 Kilometern.

Gewonnen wird das kostbare Nass in der Nordwestecke des Sees in 60 Metern Tiefe. Hochgepumpt zum Sipplinger Berg auf 689 Meter Meereshöhe kann es fast bis zum Odenwald mit natürlichem Gefälle fließen - auch dank des 24 Kilometer langen Albstollens. Als das erste Rohrsystem 1956 in Angriff genommen wurde, waren zeitweise 3000 Arbeiter beschäftigt. „Das war die größte Baustelle Europas“, sagt Mehlhorn.

In rekordverdächtigen 32 Monaten war alles fertig. Viele tausend Grundstückseigentümer mussten einverstanden sein, dass Rohre auf ihrem Areal verlegt werden. „Das hat man damals oft noch mit einem Glas Viertele erledigt“, meint Mehlhorn.

Rohre waren nicht ideal

Nicht ideal war allerdings die Qualität der Rohre, die speziell in den 1960er und -70er Jahren verlegt wurden. Während moderne Rohre nach Angaben des BWV heute durchaus 100 Jahre im Boden überstehen, müssen ihre Vorgänger aus dieser Zeit nun ausgetauscht werden.

Die Wasserwirtschaft in Deutschland ist, was die Verfügbarkeit des Stoffes angeht, in einer komfortablen Überschuss-Situation. Nur 17 Prozent der Ressourcen im regenreichen Deutschland werden überhaupt genutzt. Für den Bodensee bedeutet das, dass gerade einmal ein Prozent des täglichen Zuflusses entnommen werden. Im Hitzesommer 2003 wurde am 8. August der Rekord von 550.000 Kubikmetern erreicht. Auch das ist laut BMV noch weit unter den erlaubten 670.000 Kubikmetern.

Ungewollte Konsequenzen

Was Auslastung der Netze und Verbrauch angeht, ist momentan aus Sicht mancher Versorger ein fast idealer Zustand erreicht. In den 1970er Jahren wurde von verschiedenen Instituten eine deutliche Steigerung des Wasserverbrauchs auf 193 bis 219 Liter pro Kopf und Tag für das Jahr 2000 vorhergesagt. Im Jahr 2000 lag er tatsächlich bei 136 Litern, heute bei nur noch 122 Litern.

Das Umweltbewusstsein und der Öko-Fortschritt speziell bei Wasch- und Spülmaschinen könnten nach Angaben der Branche allerdings bei weiterem Sparen eine ungewollte Konsequenz haben: Konstanter Durchfluss ist für die Rohre der Versorger, aber vor allem für die Abwassernetze der Entsorger wichtig. Bei zu geringer Auslastung müssten Rohre und Netze im Kampf gegen Keime zusätzlich gespült werden.