Stuttgart will bei der Planung des Quartiers von den Erfahrungen Hamburgs mit der Hafencity profitieren. Das Interesse ist weiter groß.

Stuttgart - Mehr als fünfhundert Interessierte im Großen Ratssaal, mehr als vierhundert via Internet - das Echo auf die Veranstaltungsreihe "Rosenstein - wir planen unsere Stadt von morgen" ist ungebrochen. Als der Geschäftsführer der Hafencity Hamburg GmbH, Jürgen Bruns-Berentelg, am Dienstagabend das "Jahrhundertprojekt" der Hansestadt präsentierte, zeigten sich aber rasch die gravierenden Unterschiede zwischen der Elbmetropole und der Landeshauptstadt am Neckar. Dort geht es um eine Fläche von fast 160 Hektar, hier um genau die Hälfte, dort rechnet man mit sechs Milliarden Euro allein an privaten Investitionen, hier tost der Streit über die Milliarden für Stuttgart 21.

Ganz ohne Statistik kam Jürgen Bruns-Berentelg im Blick auf die Hafencity natürlich nicht aus: "Von den 2.3 Millionen Quadratmetern, die wir zur Verfügung haben, sind 900.000 bereits bebaut. Die neue Mitte Hamburgs vergrößert unsere Innenstadt um vierzig Prozent. 270 verschiedene Unternehmen sind an dem Projekt beteiligt: Planer, Investoren und Unternehmen." Am Ende sollten 12.000 Menschen in der Hafencity wohnen, 45.000 dort arbeiten. Die neue Uferpromenade verlaufe über mehr als zehn Kilometer. Nur 27 Hektar seien als Verkehrsflächen gedacht, 30 Hektar groß seien die Wasserflächen der alten Hafenbecken, 26 Hektar groß würden die öffentlichen Freiflächen, Plätze und Promenaden.

In der Hafencity wird bereits eine U-Bahn gebaut, die vom Jungfernstieg an der Alster, dem Zentrum der Innenstadt, in die neue Mitte führt. Geplant sind Schulen und Kindergärten, eine öffentliche und eine private Universität, Hotels und ein moderner Kreuzfahrtkai, dazu das sogenannte Überseequartier: "Einzelhandel und Gastronomie", so erklärte Jürgen Bruns-Berentelg, "wo wir später einmal 14 Millionen Besucher im Jahr erwarten." Dazu kommt natürlich die Kultur: "Wir veranstalten bereits eigene Kulturprogramme", so der Geschäftsführer der stadteigenen Gesellschaft; die Kostenexplosion beim Bau der Elbphilharmonie, dem Leuchtturmprojekt in der Hafencity, streifte er nur heiter am Rande.

Der Planungsprozess muss ständig offen sein und weiterentwickelt werden


Was kann man in Stuttgart von Hamburg lernen? Der Gast von der Elbe sagte es so: "Wenn Sie am Markt vorbei agieren, nutzen Ihnen die schönsten Pläne nichts." Der Planungsprozess müsse ständig offen sein und weiterentwickelt werden, der Wettbewerb unter den Planern und den Investoren müsse geschürt und dürfe nicht aufgegeben werden. Die Gesellschaft, die er leite, verwalte und vermarkte treuhänderisch den gesamten Grundbesitz, müsse jedoch alle Entscheidungen von einer Sonderkommission des Senats der Hansestadt absegnen lassen. Grund und Boden verkaufe man allerdings nur an Investoren, die nicht auf blanke Spekulation aus seien, sondern zügig bauen. Bereits in zwei Fällen habe er "sperrige Investoren ausgebootet".

Und die Bürgerbeteiligung? Die Grundidee, aus dem ehemaligen Gebiet des Zollhafens eine Hafencity zu machen, stammt von 1997, der erste Masterplan von 2000. Bis heute gibt es jährlich rund 30 Veranstaltungen für die Einwohner, die Nachbarn und diejenigen, die dort arbeiten. Die Akzeptanz des Projekts in Hamburg sei hoch, so beteuert Jürgen Bruns-Berentelg - der Vorhalt, die Hafencity werde zu einem Quartier für die Reichen, lasse sich wegen der enormen Baukosten nicht ganz von der Hand weisen. Nun allerdings versuche man gegenzusteuern - der Ausgang sei jedoch noch völlig offen.