Die Stadt erinnert mit Leuchtanzeigen daran, dass von Juli an nur noch schadstoffarme Wagen fahren dürfen.

Stuttgart - Eine große rote Plakette leuchtet den Autofahrern auf der B27 bei Degerloch und auf der B14 vor der Abfahrt Österfeld entgegen. "Umweltzone Stuttgart. Ab 1. Juli 2010 keine Einfahrt." Dies soll alle Autofahrer, die mit einem veralteten Wagen unterwegs sind, wachrütteln: Sie müssen etwas tun. Vom 1. Juli an wird kontrolliert. "Der Verstoß kostet 30 Euro und bringt einen Punkt in Flensburg ein", sagt Bernd Eichenauer vom Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Stuttgart.

Mit Warnhinweisen auf dynamischen Anzeigetafeln, die seit einigen Wochen in Betrieb sind, betritt die Stadtverwaltung Neuland. Bisher wurde auf diese Weise nur vor Unfällen und Baustellen gewarnt, wurden Umleitungen und Parkmöglichkeiten empfohlen. "Es ist ein Verkehrshinweis. Das passt", sagt Eichenauer, der von Ankündigungen wie etwa für eine Lange Nacht der Museen nichts hält.

Der Leiter der Verkehrsabteilung befürchtet, dass viele Autofahrer mit roter Plakette just am 30. Juni bei ihm vor der Tür stehen. Zwar seien sechs Mitarbeiter von anderen Dienststellen abgeordnet, um die erwartete Mehrarbeit zu bewältigen, aber die Kapazität sei natürlich nicht unbegrenzt.

Es wurde verpasst eine bundeseinheitliche Lösung zu finden


Noch fahren in Stuttgart rund 6000 Wagen mit roter Plakette herum, deren Besitzer sich bisher nicht bei der Stadt gemeldet haben. "Im besten Fall werden die alle Ende Juni ihr Fahrzeug verschrotten", sagt Eichenauer - doch daran glaubt er selbst nicht. Denn tagtäglich spielen sich auf seinem Amt regelrechte Dramen ab - wenn Inhaber einer roten Plakette versuchen, eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen. Bisher haben sich 1115 Menschen gemeldet, 472 haben eine Genehmigung bekommen, meist aber mit Beschränkungen. "Einige sind Dialysepatienten, sie dürfen dann den Weg von ihrer Wohnung zum Arzt fahren", so Eichenauer. Manch ein Kleingewerbetreibender dürfe weiterhin sein Dienstfahrzeug nutzen, wenn er nachweisen kann, dass sonst sein Betrieb auf der Kippe stünde. Wer Schichtdienst macht und nachts nicht mit Öffentlichen fahren kann, hat ebenso Chancen. Und auch, wer schon einen Kaufvertrag hat, sein Fahrzeug aber erst im August bekommt, darf bis dahin noch seine alte Feinstaubschleuder nutzen. Insgesamt sei die Prüfung sehr zeitaufwendig: "Sie hören jedes Mal eine ganze Lebensgeschichte."

Die meisten aber bringen die Voraussetzungen für eine Ausnahme nicht mit: "Wer in sein Gärtle fahren oder seine Oma besuchen will, der hat keinen Anspruch darauf." Auch eine "Nichtnachrüstbarkeitsbescheinigung" der Autowerkstatt, die die meisten Antragsteller mitbrächten, reiche nicht aus. Eichenauer vermutet, dass die meisten der restlichen 6000 Wagen mit roter Plakette als Privatfahrzeug genutzt werden.