Der Gemeinderat hat am Donnerstagabend auf seiner Sitzung im Rathaus über das Bürgerbegehren "100-Wasser" debattiert.

Stuttgart - Der Gemeinderat hat am Donnerstagabend auf seiner Sitzung im Rathaus über das Bürgerbegehren "100-Wasser" debattiert. Bereits im Vorfeld hatte sich eine breite Mehrheit für den Rückkauf der Wasserversorgung ausgesprochen. Die Diskussion dauerte bei Redaktionsschluss noch an. Bei einer Annahme durch den Rat übernähme die Stadt die Forderung des Bürgerbegehrens. Damit würde sie sich verpflichten, das 2002 im Zuge des Verkauf aller städtischen Energieaktien an die Energie Baden-Württemberg (EnBW) veräußerte Netz wieder in kommunale Hände zurückzuholen.

Laut Vorlage will die Stadt das gesamte Wassernetz spätestens zum 1. Januar 2014 vollständig übernehmen. Der Konzessionsvertrag der EnBW über die Wasserversorgung der Landeshauptstadt läuft, ebenso wie die Durchleitungsrechte für Strom und Erdgas, Ende 2013 aus. Dann besteht die Möglichkeit, dass die Stadt alle Konzessionen nicht mehr an Dritte vergibt, sondern ihre Bürger wieder in eigener Regie mit Wasser, Erdgas und Strom versorgt und selbst die energiepolitischen Ziele bestimmt.

"Stadtwerke Stuttgart" sollen kommen


Nach einem entsprechenden Beschluss des Gemeinderates lässt das Rathaus durch Gutachter bereits prüfen, wie die optimale Rechts- und Organisationsform für die neuen "Stadtwerke Stuttgart" aussehen könnte. Die umfangreiche Studie soll bis Ende des Jahres vorliegen; ein Unterausschuss des Gemeinderates begleitet das Verfahren. Die im vergangenen Jahr vor der Kommunalwahl aufgenommenen Verhandlungen zwischen der Stadt und der EnBW Regional AG über die Gründung einer gemeinsamen Wassergesellschaft wurden faktisch beendet. Die Gesellschaft sollte zur Hälfte der Stadt gehören und einen bis ins Jahr 2024 verlängerten Konzessionsvertrag erhalten. Vor der Kommunalwahl sprachen sich aber plötzlich alle Ratsfraktionen für eine vollständige Übernahme aus.

Ende März 2010 schuf eine erfolgreiche Bürgerinitiative neue Fakten: Das "Stuttgarter Wasserforum" gab im Rathaus rund 27.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren "100-Wasser" ab. Damit wurden weit mehr Voten als das erforderliche Quorum von 20.000 Unterschriften abgegeben. Stadt und Regierungspräsidium erklärten das Begehren für zulässig. Bei einer Zustimmung des Gemeinderates entfiele der auf das Bürgerbegehren normalerweise folgende Bürgerentscheid, weil die Stadt die Forderungen der Initiatoren zu ihren eigenen gemacht hat.

Eine Verhandlung mit der EnBW ist unumgänglich


Damit wäre die Wasserversorgung aber noch lange nicht in städtischer Hand: Die Kommune müsste mit der EnBW über den Rückkauf verhandeln. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob der bis Ende 2013 laufene Konzessionsvertrag vorzeitig beendet werden kann. Offen ist auch, zu welchem Preis das Netz erworben werden kann. Für die Hälfte des Netzes war 2009 ein Betrag von rund 80Millionen Euro genannt worden.

Außerdem muss die Stadt ihre ebenfalls 2002 veräußerten Wasserbezugsrechte von der EnBW zurückholen. "Vor allem die wichtigen Wasserbezugsrechte müssen rasch wieder in die Hände der Stadt kommen", fordert Werner Weber, der Sprecher des Stuttgarter Wasserforums. Diese ehemals städtischen Anteile an zwei von Kommunen gegründeten Zweckverbänden, der Bodensee- und der Landeswasserversorgung, seien notwendig, um "die ohne Not verkauften Bezugsrechte zurückzuerhalten".