Angetreten hatte Marino ein delikates politisches Erbe, verbunden mit einem Schuldenberg, der die Stadt praktisch bewegungsunfähig machte. Müllabfuhr und öffentlicher Nahverkehr waren faktisch pleite. In den sieben Jahren davor hatte der rechtskonservative Bürgermeister Gianni Alemanno noch mehr als 2000 Gesinnungsgenossen einen städtischen Job verschafft und es zumindest nicht verhindert – die Staatsanwalt geht schlimmeren Verdachtsmomenten nach –, dass durch millionenschwere öffentliche Aufträge jene Genossenschaften wachsen konnten, die das Netz der „Mafia Capitale“ ausmachten.

 

Marino hatte nicht die Kraft und das Charisma, Rom aus diesem Sumpf zu führen. Er brachte die Verwaltung nicht in Schwung; die Bürger sahen nur weitere Verschlechterungen: Die Straßen voller Löcher, ein Streik nach dem anderen, den nicht abgeholten Müll, die marode U-Bahn, die Busse, die nicht kamen – dafür, zum Schuldenabbau, die höchsten Kommunalsteuern Italiens.

Unmut sogar beim Papst

Und Marino bewegte sich politisch recht ungeschickt – etwa Ende September, als er in die USA flog, in seine einstige chirurgische Wirkungsstätte Philadelphia, um sich dort bei einer Begegnung mit dem gleichzeitig anwesenden Papst Franziskus fotografieren zu lassen. Ein derart publikumswirksamer Segen war Marino in der Heimat versagt geblieben, seit er vor einem Jahr 16 schwule, im Ausland verheiratete Paare standesamtlich registrierte. Dass Marino sich nun in ein Treffen mit dem Papst schmuggelte, nahm ihm dieser außerordentlich übel. Auf dem Rückflug von Philadelphia sagte Franziskus zu den Journalisten: „Ich habe ihn nicht eingeladen. Klar? Ich habe mich ungehört, keiner von den Organisatoren hat ihn eingeladen. Marino bezeichnet sich als katholisch, er ist einfach so gekommen.”

Das war der Todesstoß. Marinos politisches Ende folgte unausweichlich. Wahlen sollen im Mai 2016 stattfinden. Angesichts der Selbstzerlegung der Parteien und der mafiösen Verstrickungen der etablierten Politik erwartet die „Fünf-Sterne-Bewegung“ von Beppe Grillo einen haushohen Sieg. „Wir schicken sie alle nach Hause“ verspricht er. Die Bürger, zeigen die Umfragen, sind des bisherigen Theaters nur noch müde.