Das Theater am Faden in der Hasenstraße in Heslach zeigt ein traditionelles altrussisches Weihnachtsspiel. Wertep-Theater ist eine tragbare Kiste mit zwei Bühnen, einer oben und einer unten. Einst zogen laut Helga Brehme vor allem in ländlichen Gegenden Menschen mit diesen Kisten zur Weihnachtszeit durch die Häuser und verbreiteten die Heilige Geschichte.

S-Süd - Wer sich auf die Reise nach Bethlehem macht, kann nicht in Jeans und Turnschuhen los. Deshalb geht es für die Besucher des altrussischen Weihnachtsspiels am Freitagabend im Theater am Faden erst einmal in die Garderobe. Ausgerüstet mit bestickten und glitzernden Jacken, Kleidern und Mänteln sowie Turban und Krone nimmt Helga Brehme ihre Gäste mit in den Stall und beweist, dass es für echte weihnachtliche Stimmung nicht viel braucht.

 

Das Theater ist ausschließlich von wenigen weihnachtlichen Lampions beleuchtet und auf der Bühne ist eine Art hölzerner Schrank aufgebaut. Als sich dessen Türen öffnen, verkündet darin im Kerzenschein ein Engel den Hirten die frohe Botschaft von Jesu Geburt. Plötzlich erlöschen die Kerzen und werden weiter unten in der hölzernen Kiste wieder entzündet. König Herodes befiehlt seinen Soldaten, alle erstgeborenen Babys zu töten. Auf Deutsch und Russisch erzählen und singen Helga Brehme und Velemir Pankratov auf diese Weise die Weihnachtsgeschichte sowie die vom Untergang des bösen Herrschers Herodes, der sich für unbesiegbar hält.

Wertep ist in Russland ein ureigener Brauch zum Feste

„Wertep ist ein traditionelles russisches Weihnachtsspiel“, erzählt Helga Brehme, die Gründerin des Theaters am Faden. Wertep-Theater ist eine tragbare Kiste mit zwei Bühnen, einer oben und einer unten. Entlang den Schlitzen im Boden der Bühnen werden Figuren auf Stöcken bewegt. Einst zogen laut Brehme vor allem in ländlichen Gegenden Menschen mit diesen Kisten zur Weihnachtszeit durch die Häuser und verbreiteten die Heilige Geschichte. Im 18. Jahrhundert ging diese Tradition von Polen über die Ukraine und Weißrussland nach Russland über, wo sie ukrainische bzw. weißrussische Züge beibehielt. In Russland bekam diese Vorstellung den Namen Wertep und ist als ureigener Brauch zu einem Teil jedes Weihnachtsfestes geworden. Obwohl Wertep während des Kommunismus verboten gewesen sei, habe sich das traditionelle Weihnachtsspiel bewahrt.

Brehme hat Wertep in Moskau Anfang der 90er Jahre gelernt und zeigt auch im Stuttgarter Süden die traditionelle Form mit einfachen, grob aus Holz geschnitzten Figuren. „Nur Maria hat einen edlen Puppenkopf“, erklärt Brehme. Ungewohnt für die deutschen Zuschauer sei meist auch, dass in Russland der Tod weiblich ist. Nachdem die Mutter Tod Herodes in die Hölle geschickt hat und im Stall in Bethlehem auf der Bühne Frieden einkehrt, wird es auch im Stall im Stuttgarter Süden besinnlich.

Zum Abschluss gibt es traditionelle, russisches Weihnachtsessen

Gemeinsam mit den Zuschauern singen Brehme und Pankratov Weihnachtslieder, die sich das Publikum selbst aussuchen darf. Im Anschluss gibt es zur Stärkung noch ein traditionelles russisches Weihnachtsessen. Borschtsch, einen landestypischen Auflauf aus Fleisch und Kartoffeln, Kraut- und Rote-Beete-Salat wird am Freitagabend im Theater am Faden serviert. Und natürlich dürfen die Besucher auch einmal um die geheimnisvolle Holzkiste herumlaufen und sich selbst ein Bild von der Technik machen und die Holzpuppen aus der Nähe betrachten.