Die EU drückt bei der Bestrafung Russlands für die Unnachgiebigkeit in der Ukraine-Krise aufs Tempo: Am Mittwoch soll das Sanktionspaket den Mitgliedsstaaten zur Beschlussfassung vorliegen. Doch es droht Streit zwischen Deutschland und Frankreich.

Brüssel - Die Europäische Union drückt bei der Bestrafung Russlands für die Unnachgiebigkeit in der Ukraine-Krise aufs Tempo: In der Nacht zum Sonntag erst hatten die Staats- und Regierungschefs die europäische Bürokratie aufgefordert, Vorschläge für noch schärfere Wirtschaftssanktionen gegen Russland vorzulegen. Und schon am Montagabend wurden den EU-Botschaftern aus den 28 Hauptstädten erste Ideen skizziert. An diesem Mittwoch, so bestätigte es die designierte EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini vor dem Europaparlament, soll das Paket fertig geschnürt sein und den Mitgliedstaaten zur Beschlussfassung vorliegen. Diese wiederum wollen untereinander nun schon bis Freitag eine Einigung erzielen.

 

Das dürfte bei den meisten Maßnahmen keine großen Probleme bereiten, da die neuen Wirtschaftssanktionen Diplomaten zufolge auf den bisherigen, erst Ende Juli beschlossenen Maßnahmen aufbauen und keine neuen Industriezweige belasten sollen. Die Brüsseler Behörde folgt damit der von Bundeskanzlerin Angela Merkel geprägten Linie, die Sanktionsschraube zwar stetig, aber doch mit kleinen Drehungen anzuziehen, um das diplomatische Pulver nicht auf einen Schlag zu verschießen.

So sollen vor allem Ausnahmen im bestehenden Sanktionspaket wegfallen. Noch etwa ist es den fünf betroffenen Staatsbanken Russlands erlaubt, Anleihen mit einer Laufzeit von weniger als 90 Tagen auf dem EU-Kapitalmarkt zu begeben – bald nicht mehr. Zu den zusätzlichen Finanzsanktionen könnte zudem zählen, dass neben den staatlichen Geldinstituten auch anderen Unternehmen in öffentlicher Hand der Zugang zu Kapital erschwert wird. Neben dem Verbot, Anleihen dieser Konzerne zu kaufen, könnten ferner Termingeschäfte mit Russland eingeschränkt und sogenannte Konsortialkredite mehrerer Banken für Großprojekte untersagt werden.

Einnahmeausfälle von 20 Milliarden Euro im Jahr

Bei sogenannten Dual-Use-Gütern, militärisch wie zivil nutzbar, sind ebenfalls Verschärfungen geplant. Waren bisher nur Abnehmer vom Handelsverbot betroffen, die als „militärische“ Kunden identifizierbar waren, soll es nun auf alle Empfänger in Russland und die gesamte Produktpalette ausgedehnt werden. Europas Wirtschaft muss sich dabei auf Einnahmeausfälle von 20 Milliarden Euro im Jahr einstellen. Dieser Nachteil aber, hatte Merkel am Montag in ihrer Regierungserklärung gesagt, würde angesichts des russischen Völkerrechtsbruchs „in keiner Weise so schwer wiegen wie die Nachteile, gar nichts zu tun“.

In diesem Sinne ist die Bundesregierung offenbar auch bereit, den EU-internen Konflikt mit Frankreich zu suchen, das bis jetzt nicht auf Einnahmen aus einer Lieferung zweier Hubschrauberträger an Russland verzichten will. Deshalb waren in der ersten Sanktionsrunde Altverträge vom Waffenembargo ausgenommen. „Die Frage bestehender Verträge“, sagt ein EU-Diplomat, „wird diese Woche erneut Thema.“