Die Bahn-Verantwortlichen ringen noch um mehr Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit im S-Bahn-Verkehr im Raum Stuttgart – und da kündigt sich schon eine neue Herausforderung an.

Stuttgart - Wie schon in den vergangenen Jahren sieht sich die S-Bahn Stuttgart in Sachen Pünktlichkeit auf einem guten Weg. „Unsere in den vergangenen Jahren umgesetzten Maßnahmen zeigen jetzt messbare Erfolge“, erklärte Dirk Rothenstein, Sprecher der Geschäftsleitung am Mittwoch auf einer Pressekonferenz im Hauptbahnhof. Bei den Fahrzeiten sei im Vergleich zum Vorjahr eine Trendwende erzielt worden „In unserer Königsdisziplin – der Pünktlichkeit unter drei Minuten in der Hauptverkehrszeit – haben wir uns um über fünf Prozentpunkte auf nunmehr 80,8 Prozent verbessert“, so Rothenstein.

 

Der vereinbarte Zielwert liegt deutlich darunter

Das bahnkritische Internetportal war – wie berichtet – auf eine Pünktlichkeitsquote von 79,8 Prozent gekommen. Der mit dem Verband Region Stuttgart vereinbarte Zielwert liegt bei 91,5 Prozent. Ein Vertreter der für den Zustand von Stellwerken, Weichen, Signalanlagen und Oberleitungen zuständigen Netz AG war bei der Pressekonferenz allerdings nicht anwesend. Dabei bemängeln viele Kritiker der Bahn neben der Unpünktlichkeit vor allem den immer schlechteren Zustand der technischen Infrastruktur. Die Netz AG äußerte sich erst am späten Mittwochnachmittag beim S-Bahn-Gipfel im Verkehrsausschuss der Region über den Zustand der Infrastruktur.

Zu den messbaren Erfolgen zählt Rothenstein die Installation von Kameras und Monitoren auf den S-Bahnsteigen der Stationen Hauptbahnhof und Stadtmitte. Damit könnten die Zugführer das Aus- und einsteigen der Fahrgäste besser überblicken und die Türen rascher schließen. Gemäß dem Aktionsmotto „Jede Sekunde zählt“ könnten so wertvolle Sekunden gewonnen werden. Am Flughafen stünden zudem zusätzliche Fahrer bereit, die ankommende Bahnen für die Rückfahrt sofort übernehmen könnten. Zudem sei auf der Linie S 6 in Weil der Stadt das Abstellkonzept der dort startenden und endenden Züge optimiert worden. Das führe zu pünktlicheren Abfahrten.

Auf der Gäubahnstrecke wird eine Weiche erneuert

Nach den guten Erfahrungen auf der unterirdischen Stammstrecke prüft die Bahn, ob auch an weiteren Stationen Monitore und Kameras installiert werden sollen, um die Haltezeiten zu verkürzen. Außerdem sollen mit den vom Verband Region Stuttgart (VRS) gekauften zusätzlichen zehn S-Bahn-Züge vom Typ ET 430 mehr Langzüge mit höhere Fahrgastkapazität gebildet werden. Zusätzlich könnten dank dieser Fahrzeuge auch so genannte überschlagene Wenden an Endhaltepunkten geplant werden. „Dort steht dann schon ein Zug in Gegenrichtung bereit, der sofort starten kann“, so Rothenstein. Dadurch würden Verspätungen nicht mehr auf nachfolgende Züge übertragen. Auf Nachfrage sagte Rothenstein, dass die Bahn zur Zeit auch den Einsatz des modernen Zugsteuerungssystems European Train Control System (ETCS) auf der Stammstrecke prüfe. Durch diesen elektronischen Lotsen könnte nach einer Studie der Universität Stuttgart bis zu 32 statt 24 Züge die Tunnelstrecke innerhalb einer Stunde passieren und ein erheblicher Teil der Verspätungen vermieden werden.

Im Sommer stehen den S-Bahn-Fahrgästen im Raum Stuttgart aufregende Wochen bevor. Das ist zu erwarten, weil die Bahn auf der Gäubahnstrecke zwischen Stuttgart-Vaihingen und Böblingen die Gleistrasse und beim Bahnhof Böblingen eine Weiche erneuern will. Fahrgästen des Bahn-Konzerns, vor allem denen im Nah- und Regionalverkehr, stünden „gravierende Einschränkungen des üblichen Angebots“ vom 13. Juli bis zum Ende der Schulferien bevor, sagten am Mittwoch Verantwortliche der Bahn für den S-Bahn-Verkehr. Ende Juni wollen sie darüber umfassend informieren.

Manche Fahrgäste dürfen sitzen bleiben, ander müssen umsteigen

Züge und Sitzplätze werden zwar zu den Hauptverkehrszeiten kaum entfallen, sagten sie, und wegen der geringeren Nachfrage in den Sommerferien seien die Folgen solcher Reduzierungen nicht dramatisch. Allerdings wird es nachts und an Wochenenden zeitweilig Vollsperrungen geben. Der Fahrplan im S-Bahn-Verkehr und die Linienführung ändern sich. Dadurch werden manche Fahrgäste sitzen bleiben können, wo sie bisher umsteigen. Andere Fahrgäste werden, beispielsweise auf dem Weg von Backnang zum Flughafen Stuttgart, vor dem Erreichen des Filderraums umsteigen müssen. Zwischen Kirchheim/Teck und Flughafen sollen Züge der Interimslinie S 13 pendeln, zwischen Backnang und Herrenberg Züge der Interimslinie 31.

Grund für die Umstellungen: Die Fahrten auf den S-Bahn-Linien 1 und 3 auf der Gäubahnstrecke müssen entzerrt werden, weil zwischen Stuttgart-Rohr und Böblingen für S-Bahnen, Regional- und Fernzüge nur ein Gleis zur Verfügung steht. Trotzdem soll tagsüber alle zwei Stunden ein ICE in Richtung Schweiz fahren, Regionalzüge im Stundentakt.