Das Jugendhaus Mitte veranstaltet ein Filmfestival – inklusive Preisen für die besten Nachwuchsfilmer.

S-Mitte - Was sie trinken möchte, fragt Gesine Hannemann. Whiskey? „Alles, was mir zwischen die Kiemen kommt“, sagt Peppy, klettert auf die Bühne und breitet eine Decke aus. Statt Whiskey wird sie gleich eine Flasche Wasser ansetzen, auch wenn in ihrem Gesicht Ekel steht, ganz so, als hätte sie gerade tatsächlich Hochprozentiges gefrühstückt.

 

Peppy und drei andere Mädchen lernen an diesem Samstagvormittag, wie das geht – schauspielern, so zu tun als ob. Auch wenn keine der vier Mädchen unerfahren ist – alle haben schon Theater gespielt – so ist etwas doch anders: Statt einem Publikum im großen Saal ist diesmal nur ein einziges Auge auf die Mädchen gerichtet, das der Kamera. Neben der Bühne steht außerdem ein Fernseher, der das Gespielte aufzeichnet. „Das ist anders als im Theater. Das muss man aushalten können“, sagt Gesine Hannemann.

Schauspiel vor der Kamera“ heißt folgerichtig der Workshop; Gesine Hannemann ist Schauspielerin und schult außerdem Kinder für Fernsehserien und Filme. Der Kurs ist einer von acht, die beim Filmfestival vom „Klappe“ benannten Filmforum des Jugendhauses Mitte angeboten werden.

Das Leitmedium Film ist kein fester Bestandteil in Schulen

Seit vier Jahren gibt es das Filmforum, geleitet und initiiert von Daniel Danzer. Der Theaterregisseur hat im Staatstheater in Stuttgart angefangen, später zahlreiche Drehbücher geschrieben. Unter anderem für die SWR-Produktion Fabrixx, eine Jugendserie, die im Jugendhaus Mitte aufgenommen wurde. Schon damals war Danzer dort angestellt, irgendwann hatte er die Idee, mit filmbegeisterten Jugendlichen Projekte und Workshops zu machen.

„Heute ist es ganz leicht, einen Film zu drehen; das Equipment wird günstiger, und man kann mit dem Handy kurze Sequenzen aufnehmen“, sagt er. Film sei heute das Leitmedium und trotzdem kein fester Bestandteil in den Schulen. „An jeder Schule gibt es eine Theater AG, doch nur an einer Handvoll gibt es Filmgruppen. Das Thema ist so gut wie nicht existent“, sagt Danzer. Er versucht, diese Lücke mit seiner Filmgruppe zu schließen, die sich jeden Donnerstag im Jugendhaus trifft.

Danzer selbst gibt an diesem Wochenende den Workshop „Dialoge: weniger ist mehr“. Den Teilnehmerinnen zeigt er zur Einstimmung eine Szene aus einer ordentlichen Schnulze, einen Dialog aus einem Rosamunde-Pilcher-Film. „Hier treffen sich zwei Eineiige Zwillinge zum ersten Mal. Der Dialog ist schlimm“, sagt er. Später erklärt er, dass es beim Ausarbeiten von Dialogen für ein Drehbuch nicht darum geht, was die Personen sagen, sondern darum, was gehört wird, es geht um den Subtext und die Zwischentöne. „Wenn der Mann zu spät nach Hause kommt und sich entschuldigt, weil die Sitzung länger gedauert hat, dann hört die Frau: Aha, Affäre mit der Sekretärin“, sagt er.

„Es ist schwierig, den besten Film herauszufiltern“

Bei den Workshops und beim Filmforum geht es aber nicht nur um Theorie, die Gruppen entwickeln konkrete Ideen und produzieren Filme. Das Jugendhaus verfügt dafür inzwischen über eine professionelle Ausrüstung.

Neben den Workshops werden Kurzfilme von Jugendlichen gezeigt, die im Vorfeld eingereicht wurden. Zum ersten Mal gibt es in diesem Jahr Auszeichnungen, auch wenn Daniel Danzer nicht unbedingt Fan von Preisen ist. „Zumindest nicht in diesem Rahmen“, sagt er, „das Festival soll ein Austausch sein und kein Wettbewerb. Es ist schwierig, den besten Film herauszufiltern, weil manche bessere Voraussetzungen haben, beispielsweise eine bessere Ausrüstung“, sagt Danzer.

Deshalb hat er sich für die Kategorien „Bestes Drehbuch“ und „Überzeugendste Idee“ entschieden. Die Preise gehen an den Film „Peace-giving Green“ von Simon Marian Hoffmann für das beste Drehbuch und an den Film „Realität“ von Anja Gurres für die überzeugendste Idee. Auch die beste Idee für einen Film ist an diesem Wochenende ausgezeichnet worden. Gewonnen hat ihn Marlies Goes mit „Über die Grenze“. Der Preis: Der Film wird von der Jugendhaus-Gruppe zusammen mit der Ideengeberin bis zum nächsten Jahr gedreht.