Sport: Marco Seliger (sem)

 

Die großen Anstrengungen des deutschen Fußballs nach der Jahrtausendwende und dem peinlichen Vorrunden-Aus bei der EM 2000 in Belgien und den Niederlanden führten zur Modernisierung und zur signifikanten Verbesserung der Nachwuchsarbeit in den Clubs. Diese Schritte wiederum sorgten – neben der Fülle an sehr gut entwickelten Talenten – auch für eine immer bessere Ausbildung von hochqualifizierten Trainern. Dirk Mack, früher Trainerausbilder im Württembergischen Fußballverband (WFV) und heute Nachwuchsdirektor der TSG Hoffenheim, betont, dass die Akademien der Vereine immer besser geworden seien – und damit auch die Arbeit der Trainer. Das mache die Übungsleiter wiederum interessant für den Profibereich. „Wenn ein Coach alle internen Abläufe, die Leute, die Infrastruktur und die Philosophie des Vereins kennt und durch seine Arbeit überzeugt hat, dann hat er es einfacher als ein Fremder, der neu kommt“, sagt Mack. Genau das sei in Hoffenheim auch ein Grund dafür gewesen, dem Jugendtrainer Nagelsmann die Bundesligaprofis zu übergeben.

Dabei betrachten viele ehemalige Starkicker, die teils noch immer einen Job in der Bundesliga anstreben, diese Entwicklung mit großer Skepsis. Die junge Konkurrenz ist für sie ein Dorn im Auge. Sinnbildlich ist das Zitat von Mehmet Scholl, der die jungen Trainer ohne Profierfahrung, aber mit Bestnoten in der Fußballlehrerausbildung als „Laptoptrainer“ geißelte. Der ehemalige Nationaltorhüter Jens Lehmann empfahl den Vereinsverantwortlichen später, doch bitte wieder mehr Ex-Nationalspieler einzustellen. Sie könnten, sagte Lehmann, das Spiel besser lesen, weil sie viele Situationen schon oft auf dem Platz erlebt hätten. Die Fürsprecher der jungen Trainergarde halten dagegen und argumentieren mit den Erfahrungen als Coach, die die Nagelsmänner der Liga schon gemacht hätten. Domenico Tedesco etwa arbeitet schon mehr als zehn Jahre lang als Trainer.

Für den ersten Kontakt mit einem Team, sagt Tedesco, sei man als ehemaliger Profi im Vorteil. Man genieße Respekt und Glaubwürdigkeit. „Mittelfristig kommt es jedoch nur darauf an, ob man die Kompetenz hat, Inhalte zu vermitteln, eine Mannschaft zu führen. Und das merken die Jungs.“ Sein Kollege Julian Nagelsmann nennt noch einen weiteren Vorteil: „Ich bin so alt wie die Spieler, wir sind dieselbe Generation.“ Nagelsmann weiß, wie die Jungs in seinem Alter ticken. Er hat ein feines Gespür für ihre Befindlichkeiten. Er agiert auf Augenhöhe. Und punktet so bei der neuen Spieler-Generation, die längst nicht mehr von oben herab belehrt werden will.