Der 26-jährige Österreicher Max Schrems will mit seiner Aktion Einfluss auf die europäischen Datenschutzregeln nehmen – und könnte mit damit durchaus Erfolg haben.

Stuttgart - Es erinnert ein wenig an die Geschichte von David gegen Goliath: Seit drei Jahren beschwert sich ein einzelner österreichischer Jurist namens Max Schrems bei den Behörden immer wieder über die Datenschutzbestimmungen eines Internetriesen namens Facebook. Seit kurzem jedoch kämpft der 26-jährige Doktorand nicht mehr allein gegen das Soziale Netzwerk. Anfang August rief Schrems zu einer Sammelklage gegen Facebook auf – und konnte auf Anhieb die zunächst angestrebte Zahl von 25 000 Mitstreitern erreichen. „Unser Ziel ist es, dass Facebook im Bereich Datenschutz endlich rechtskonform agiert“, sagt der Aktivist.

 

Die meisten Unterstützer stammten aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden, berichtet Schrems. „Wir müssen alle Teilnehmer prüfen und administrieren. Das ist natürlich ein großer Aufwand“, erklärt er. Darum würden vorerst nur noch Anmeldungen von Interessenten entgegengenommen – 30 000 weitere Nutzer hätten sich bislang für eine Registrierung gemeldet. Der Jurist ruft weiter dazu auf, sich an der Aktion zu beteiligen: „Umso mehr Nutzer sich registrieren, umso stärker ist der Druck auf Facebook.“

Um teilzunehmen, braucht man einen Facebook-Account

Für Schrems sind Facebooks Bestimmungen zur Verwendung von Nutzerdaten nicht mit EU-Recht vereinbar. Außerdem würden viele persönliche Daten „hinter dem Rücken“ der Nutzer gesammelt und unrechtmäßig weitergegeben – etwa an den US-Geheimdienst NSA. Das Netzwerk betont stets, sich an geltendes Recht zu halten und keine Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen zu begehen. Deshalb hat Schrems nun beim Handelsgericht Wien eine Zivilklage gegen die irische Tochter des Unternehmens eingereicht, da Facebook in Irland seinen Europasitz hat. Jeder Volljährige der nicht aus den USA oder Kanada stammt, kann sich der Klage nachträglich anschließen.

Weil in Österreich Gruppen grundsätzlich nicht gemeinsam klagen können, müssen die Beteiligten ihre Forderungen an den Hauptkläger Schrems abtreten. Diese Abtretung erfolgt über eine eigens programmierte App – bei der man sich ironischerweise über sein Facebook-Profil einloggen muss. „Wir müssen dem Gericht zeigen, dass jeder Teilnehmer einen Facebook-Account hat“, erklärt Schrems und betont, dass er sich nicht für die Eliminierung von sozialen Netzwerken einsetze, sondern für schärfere Datenschutzregeln.

Der junge Jurist will einen symbolischen Schadenersatz von 500 Euro für jeden Beteiligten erstreiten. Schrems gibt an, selbst keinen Profit aus der Klage schlagen zu wollen. Er organisiere und betreibe die Aktion unentgeltlich. Finanziert wird der Prozess von Roland Prozess Finanz. Die AG zahlt alle Verfahrenskosten und erhält bei Erfolg eine Prämie von 20 Prozent. Im Falle eines Misserfolgs übernimmt der Prozessfinanzierer alle Kosten.

Seit drei Jahren kämpft Schrems gegen das Netzwerk

Seit 2011 gehen Schrems und sein Crowdfunding-Verein „Europe versus Facebook“ gegen Facebook vor. Damals erwirkte der Student die Herausgabe der Daten, die das börsennotierte US-Unternehmen über ihn gespeichert hatte – ein Papierstapel mit mehr als 1200 Seiten. Schrems konnte 22 Verstöße gegen sein Grundrecht auf Datenschutz ausmachen und legte Beschwerde bei der irischen Datenschutzbehörde DPC ein – teilweise mit Erfolg: Facebook musste Daten löschen und die Gesichtserkennung ausschalten. Weil das Verfahren in Irland ins Stocken geraten ist, will Schrems die Aktivitäten nun nach Österreich holen. Er rechnet damit, dass es Ende des Jahres erste Verhandlungen geben wird.

Ob die Sammelklage Erfolg haben wird, sei letztlich eine Entscheidung der Gerichte und daher nicht vorauszusagen, meint die Europajuristin und Datenschutzbeauftragte Sabine Schenk. „Was jedoch neben dem Erfolg der Klage im Vordergrund steht, ist die große Medienwirksamkeit“, sagt die Anwältin. Sie hält es daher nicht für ausgeschlossen, dass die Klage die Verhandlungen über die europäischen Datenschutzverordnungen beeinflussen könnte.