Nils Schmid sorgt für eine Überraschung bei der Kabinettsklausur. Der Finanzminister schlägt vor, dass das Land schon 2016 ohne neue Schulden auskommen soll. Für die Ministerien dürfte dies einen noch schärferen Sparkurs bedeuten. Der Koalitionspartner ist wenig begeistert.

Nils Schmid sorgt für eine Überraschung bei der Kabinettsklausur.  Der Finanzminister schlägt vor, dass das Land schon 2016 ohne neue Schulden auskommen soll. Für die Ministerien dürfte dies einen noch schärferen Sparkurs bedeuten. Der Koalitionspartner ist wenig begeistert.

 

Stuttgart - Finanzminister Nils Schmid (SPD) hat mit Plänen für einen strikteren Sparkurs Unstimmigkeiten in der grün-roten Landesregierung ausgelöst. Bei einer Kabinettsklausur schlug der Minister am Samstagabend vor, das Land solle nicht erst im Jahr 2020, sondern schon 2016 ohne neue Schulden auskommen, wie ein Sprecher bestätigte. Die Grünenfraktion reagierte mit Unverständnis. „Wir wollen kein Strohfeuerchen der einmaligen Nullverschuldung. Das gab es unter den früheren Regierungen schon verschiedentlich“, sagte Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann am Sonntag laut Mitteilung. Die Opposition bezeichnete Schmids Vorhaben hingegen als überfällig.

Hintergrund von Schmids Vorstoß sind nach Angaben der Zeitung „Sonntag aktuell“ steigende Steuereinnahmen, die den Sparwillen der Fachministerien erlahmen ließen. Allein die Regierungsfraktionen sollen mit Blick auf die Landtagswahl 2016 an Forderungskatalogen arbeiten, die Mehrausgaben in dreistelliger Millionenhöhe bedeuten würden. Mit den neuen Plänen wolle Schmid die Ressorts wieder auf Sparkurs trimmen. Sitzmann wies das zurück. Mann müsse aber trotz der Haushaltskonsolidierung weiterhin in Zukunftsbereiche investieren und die landeseigene Infrastruktur sanieren, forderte sie.

Das Land steht derzeit mit 45,1 Milliarden Euro in der Kreide. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Baden-Württemberg aber nach vorläufigen Zahlen einen Überschuss von 1,6 Milliarden Euro. Zudem hatte die Steuerschätzung von Anfang Mai ergeben, dass das Land in den nächsten Jahren mit Mehreinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe rechnen kann.

„Der SPD-Finanzminister weicht mit seinem Vorschlag ohne Not und im Alleingang von seinem eigenen Kurs der nachhaltigen, strukturellen und schrittweisen Haushaltskonsolidierung ab“, sagte Sitzmann. „Denn ob auch nach 2016 Haushalte ohne neue Schulden möglich sind, hat Finanzminister Schmid nicht nachgewiesen.“

Auch SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel stellte Bedingungen auf. Ob die Nettonull 2016 möglich werde, hänge davon ab, ob zugleich zusätzliche Mittel für Sanierungen im Straßen- und Hochschulbereich sowie für den erhöhten Bedarf im Bildungsbereich bereitgestellt werden könnten, sagte er. „Wenn dies alles finanziert werden kann, auch durch den Einsatz neuer Bundesmittel, dann sind wir gerne zur Nettonull schon 2016 bereit.“ Zu Schmids Vorschlag gehört dem Zeitungsbericht zufolge, 235 Millionen Euro aus den erwarteten Mehreinnahmen in den kommenden beiden Jahren zur dringend notwendigen Sanierung von Straßen und Landesgebäuden einzusetzen.

Was Kretschmann von Schmids Vorschlag hält, ist nicht bekannt

Was Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) von Schmids Vorschlag hält, war zunächst nicht bekannt. Ein Regierungssprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa, Schmids Vorschlag zeige, dass die Landesregierung auf dem richtigen Weg sei. Damit würden all jene Lügen gestraft, die meinten, Grün-Rot spare nicht genügend.

CDU-Landeschef Thomas Strobl sagte, es sei lange überfällig, dass Grüne und SPD den Kurs korrigierten. „Für Baden-Württemberg ist es unwürdig, bis auf den letzten Drücker Schulden zu machen, während andere Länder Schulden zurückzahlen.“ Der Südwesten sei wirtschaftlich und finanziell so stark, dass er bei der Haushaltspolitik in der Spitzengruppe stehen müsse.

„Alles Gerede von einer Erblast und einem angeblichen strukturellen Defizit enttarnt sich nun endlich als Nebelkerze“, teilte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke mit. Die FDP sehe sich in ihrem Verdacht bestätigt, dass in den vergangenen drei Jahren Milliarden Euro gebunkert wurden, um im Wahljahr 2016 mit einem ausgeglichenen Haushalt glänzen zu können.

Bei der Kabinettsklausur verständigte sich die Landesregierung auf Vorhaben, die bis zur Landtagswahl vorrangig umgesetzt werden sollen. Dazu gehören zum Beispiel eine Initiative, um den Fachkräftemangel einzudämmen, die Reform der Lehrerausbildung, einige Projekte zum Klimaschutz und das Informationsfreiheitsgesetz, sagte der Regierungssprecher.