Schlafapnoe ist die häufigste und folgenschwerste Schlafstörung – von der die Betroffenen aber in der Nacht nichts merken. Wer nichts dagegen unternimmt, lebt gefährlich: 40 Prozent der Patienten, die nichts machen, sterben innerhalb von acht Jahren. Experten klären in Stuttgart darüber auf, wie man den Problemen auf die Spur kommt – und vorallem, was man dagegen tun kann.

Stuttgart - Schnarcher sind anstrengend – zunächst einmal insbesondere für die Mitschläfer. Vor allem wenn der Schnarcher auch noch Atemaussetzer hat. Wenn er dann nach einer unendlich lang erscheinenden Stille plötzlich mit einem lauten Aufschnarcher wieder zu atmen beginnt, dann wirkt das für den wachen Mitmenschen irgendwie bedrohlich. Der Schnarcher selbst kann sich naturgemäß an solche Episoden nicht erinnern. Aber er fühlt sich am nächsten Tag unausgeschlafen und abgeschlagen.

 

Warum das so ist, erklärte Sabine Eller, die Leiterin des Schlaflabors der Klinik Schillerhöhe in Gerlingen, jetzt in der Vortragsreihe „Gesundheit beginnt im Kopf“ im Stuttgarter Rotebühlzentrum. Weil die Atemwege verlegt sind, bekommt der Schläfer zunächst keine Luft. Durch die fehlende Atmung sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut, gleichzeitig erhöht sich der Kohlendioxidgehalt. Das Atemzentrum im Gehirn toleriert diesen Zustand eine Zeit lang, bis es die nötigen Alarmsignale aussendet. Dann setzt die Atmung mit Macht wieder ein – man kann also nicht an dieser Schlafapnoe genannten Störung ersticken. Der Schläfer selbst merkt von all dem nichts. Allerdings wird der Schlaf durch die Stresssignale weniger erholsam – was der Betroffene am nächsten Tag merkt.

Schnarcher sind besonders von Schlafapnoe betroffen – nur etwa zwei Prozent der Atempausen im Schlaf finden ohne Schnarchen statt. Allerdings haben nur zwei bis vier Prozent aller Schnarcher mit Atemaussetzern zu kämpfen. Ursache ist, dass der obere Atemweg mit fortschreitendem Alter weicher wird: „Er ist dann nicht mehr so hart wie ein Gartenschlauch, sondern so labbrig wie ein Gummihandschuh“, beschreibt Sabine Ellen anschaulich die Situation. Dabei kann eine familiäre Belastung – also eine genetische Komponente – eine Rolle spielen. Aber auch individuelle Faktoren sind wichtig, etwa die Beschaffenheit von Ober- und Unterkiefer oder die Größe der Zunge. Übergewicht fördert Schafapnoe, desgleichen zuviel Alkohol, weil dieser das Gewebe entspannt und damit die Atemwege eher zusammenfallen.

Betroffene leben kürzer

Das größte Problem für die Betroffenen ist weniger die Abgeschlagenheit und Schläfrigkeit am nächsten Tag, auch wenn diese auf Dauer unerfreulich und anstrengend ist. Unerquicklich ist auch, dass die Betroffenen viel häufiger nachts zum Wasserlassen aufs Klo müssen – übrigens ein wichtiger Hinweis auf Schlafapnoe, wie Sabine Eller betont. Viel bedenklicher sind allerdings die langfristigen Folgen der nächtlichen Stressreaktionen des Körpers, um die ausgesetzte Atmung wieder in Gang zu bringen. Dabei werden Herz und Kreislauf in Mitleidenschaft gezogen, auch der morgendliche Blutdruck ist oft ungewöhnlich hoch. Es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Probleme, die das Leben deutlich verkürzen können.

Allerdings dauert es oft mehrere Jahre, bis den Betroffenen ärztlich geholfen wird. Um einen Verdacht zu erhärten, müssen spezielle Screening-Ärzte zunächst eine Voruntersuchung durchführen. Diese findet mit Hilfe eines Kästchens, das während des Schlafes verschiedene Parameter aufzeichnet, zu Hause statt. Geben die Ergebnisse Hinweise auf eine Schlafapnoe, dann dient dies als „Eintrittskarte“ für eine weitergehende Analyse in einem Schlaflabor. Darauf baut dann die entsprechende Therapie auf. Bei leichteren Fällen kann es helfen, konsequent auf der Seite zu schlafen und vielleicht ein kleines Kissen zwischen die Oberschenkel zu legen. Das mindert die Chance von Atemaussetzern, die durch das Schlafen auf dem Rücken oder dem Bauch begünstigt werden. Manchmal führt auch eine Schiene zum Erfolg, durch die der Unterkiefer nach vorne verlagert wird.

Atemmaske als lebenslange Therapie

Am besten lässt sich eine schwerere Schlafapnoe allerdings mit einer Atemmaske behandeln, die eigentlich wie eine pneumatische Schiene wirkt. Dabei wird nämlich mit einem leichten Überdruck Luft in den Nasen- und Rachenraum geblasen und so der Atemweg wie von einer Schiene stabilisiert und offen gehalten. So kommt es zu keinen Atempausen mehr, und als willkommener Nebeneffekt verschwindet weitgehend auch das Schnarchen. Die Geräte, das bestätigt Sabine Eller immer wieder, sind heute sehr komfortabel, klein, leise und wirkungsvoll. Sie werden von der Krankenkasse bezahlt, wobei es allerdings von Kasse zu Kasse Unterschiede geben kann.

Allerdings handelt es sich dabei um eine lebenslange Therapie, gibt Werner Waldmann zu bedenken. Der Vorsitzende des Bundesverbandes Schlafapnoe und Schlafstörungen, der selbst von dieser Schlafstörung betroffen ist, räumt auch ein, dass es ziemlich schwer ist, jede Nacht mit der Maske zu schlafen. Da kann der Erfahrungsaustausch in einer der 24 baden-württembergischen Selbsthilfegruppe sehr helfen, Probleme zu bewältigen. Denn das lohnt sich: „Etwa 40 Prozent der Patienten, die nichts machen, sterben innerhalb von acht Jahren“, warnt Sabine Eller vor den möglichen Folgen. Daher sei es wichtig, bei eventuellen Schwierigkeiten „nicht gleich das Gerät in die Ecke zu stellen“. Wer es dagegen konsequent nutze, der wisse in wenigen Tagen die Vorteile zu schätzen: „Man fühlt sich einfach besser.“ Am Ende der Veranstaltung macht dann Suso Lederle, der Moderator der Veranstaltung, den Mitschläfern noch einmal deutlich, wie wichtig die Schlafzimmergenossen bei der Diagnose der Schlafapnoe sind – etwa nach dem Motto: „Schnarcht der Partner noch oder atmet er schon nicht mehr.“