In Ludwigsburg sollen Farbschmierereien künftig nach 24 Stunden wieder verschwinden. Die Stadt hat zusätzliches Personal eingestellt – und zahlt 1000 Euro Belohnung für Hinweise, die zu den Tätern führen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Die Täter sind meist nachts unterwegs, sie sind schnell, jung und scheuen kein Risiko. Kaum eine Brücke, die nicht mit bunten Farben besprüht ist. Kaum eine Unterführung bleibt verschont. Öffentliche Gebäude, Kirchen, Garagentore, Mauern, Straßenschilder – überall hinterlassen die Sprayer in Ludwigsburg ihre Spuren. Selbst das Gebäude der Polizeidirektion wurde vor einigen Monaten beschmiert.

 

Bisher blieb der Stadt und der Polizei im Hase-und-Igel-Rennen mit der Graffitiszene oft nur die Rolle der Hasen. Jetzt sagt der Bürgermeister Hans Schmid: „Wir wollen die Igel sein.“ Die Stadt hat aufgerüstet, neue Reinigungsgeräte angeschafft, einen Graffitibeauftragten eingestellt, der Etat für die Graffitibekämpfung steigt von 90 000 Euro auf 130 000 Euro pro Jahr. Das neue Ziel ist, frische Schmierereien innerhalb von 24 Stunden zu entfernen. „Das wird uns nicht immer gelingen“, sagt Hans-Jürgen Schroff, der Leiter der Technischen Dienste der Stadt. Aber man werde deutlich schneller reagieren als früher. Letztlich gehe es darum, den Sprayern die Lust zu nehmen, Wände zu besprühen, die nach kurzer Zeit wieder sauber oder überstrichen sind.

Die Stadt zahlt 1000 Euro für Hinweise, die zu den Tätern führen

Die Polizei ist überzeugt, dass diese Vorgehensweise Wirkung zeigen wird. Den Sprayern gehe es darum, dass ihre Bilder und Schriftzüge gesehen werden, sagt Sabrina Nimmerfroh von der Polizeidirektion. „Ruhm spielt in dieser Szene eine bedeutende Rolle.“ Mit einem zweiten Ansatz will Ludwigsburg den Druck erhöhen. Für Hinweise, die zur Ergreifung eines Sprayers führen, zahlt die Stadt in Zukunft 1000 Euro Belohnung.

Das Problem ist akut. Allein seit März sind bei den Technischen Diensten 78 Beschwerden wegen Schmierereien aufgelaufen. „Der Drang nach Zerstörung wird offenbar immer größer“, sagt Schmid. Die Aufklärungsquote schwankt drastisch und liegt zwischen drei und 40 Prozent pro Jahr. „Wenn wir einen Täter schnappen, können wir oft eine ganze Reihe von alten Taten aufklären“, sagt Nimmerfrohs Kollege Marcel Bischof. Es gibt Fälle, in denen ein einzelner Sprayer für Dutzende Schmierereien verantwortlich ist. Was sich vergleichsweise leicht nachweisen lässt, weil die Täter häufig spezielle Namenskürzel hinterlassen, sogenannte Tags.

Die Aufklärungsquote schwankt drastisch

In Vaihingen wurde 2010 eine ganze Gruppe von Jugendlichen erwischt, die mindestens 70 Schmierereien hinterlassen hatte. Bei einem Runden Tisch mit den Eltern wurde beschlossen, dass die Verursacher die Schäden selbst beseitigen müssen. „Die haben das alles unter professioneller Anleitung wieder sauber gemacht“, berichtet Heinz Pechbrenner, der Leiter des Ordnungsamts. Das Amtsgericht verdonnerte die Jugendlichen zu weiteren Arbeitsstunden, denn bei Graffiti handelt es sich um Sachbeschädigung und somit um eine Straftat. Seit damals, sagt Pechbrenner, sei Vaihingen weitgehend sauber geblieben.

Bietigheim-Bissingen setzt auf ehrenamtliches Engagement. Vor 13 Jahren hat sich dort der Verein Saubere Stadt gegründet. Mit finanzieller Unterstützung der Verwaltung und der Stadtwerke entfernen der Vereinsvorsitzende Karlheinz Krell und ein weiterer Helfer Graffiti. Das funktioniere gut, sagt Krell. „Schnelligkeit ist das Wichtigste. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Stadt verschandelt wird.“ Krell ist 77 Jahre alt – und hofft, irgendwann einen Nachfolger zu finden. In Sachsenheim wurde unlängst eine ähnliche Initiative ins Leben gerufen.

Während die Ehrenamtler auch Graffiti von Privathäusern entfernen, kümmert sich die Stadt Ludwigsburg bislang lediglich um öffentliche Gebäude und Flächen. Auch das könnte sich ändern. Es gebe konkrete Überlegungen, sagt Hans Schmid, bald auch Privatleute bei der Beseitigung der Schmierereien zu unterstützen. „Wir werden nicht kapitulieren.“