Der Böblinger Landrat Roland Bernhard kündigt in einem Interview eine drastische Erhöhung der Umlagen an. Der Zweckverband muss insgesamt 71 Millionen Euro aufbringen.

Böblingen – - Die heiße Phase, um die Schönbuchbahn flott zu machen, hat begonnen. Seit Anfang Oktober laufen die Bauarbeiten am neuen Betriebsbahnhof in Böblingen, im Frühjahr 2017 soll es mit dem Streckenausbau losgehen. Der Zweckverband Schönbuchbahn muss sich nun um die Finanzierung kümmern. An den Ausbaukosten trägt er 31 Millionen Euro. Zudem ist der Kauf von zehn neuen Elektrofahrzeugen für rund 40 Millionen Euro geplant. Das Projekt sei nicht ohne eine deutliche Erhöhung der Umlagen zu schultern, sagt der Landrat Roland Bernhard.
Herr Bernhard, wie will der Zweckverband Schönbuchbahn diese enorme finanzielle Herausforderung bewältigen?
Die Zahlen erscheinen zunächst hoch. Dennoch: Jetzt ist eine gute Zeit zu investieren und Darlehen aufzunehmen. Dafür haben wir gute Gründe: Die Schönbuchbahn wird künftig in der Hauptverkehrszeit im 15-Minuten-Takt und damit doppelt so häufig zwischen Böblingen und Holzgerlingen fahren. Das wird noch mehr Menschen dazu bewegen, auf die Bahn umzusteigen.
Sie müssen aber wohl auch Kostensteigerungen ins Auge fassen.
Selbstverständlich aktualisieren wir die Kalkulation regelmäßig – zuletzt voriges Jahr. Angesichts einer jährlichen Teuerungsrate von derzeit zwei bis drei Prozent halten wir diese Entwicklung für überschaubar.
Apropos: Im Böblinger Verkehrsausschuss wurde gerade wegen deutlicher Kostensteigerungen heftige Kritik laut.
Dafür habe ich Verständnis, aber dafür gibt es gute, sachliche Gründe. In der Herrenberger Straße muss eine sehr aufwendige Unterführung gebaut werden. Die Grundwasserverhältnisse erfordern hier besondere Maßnahmen. Dadurch verteuert sich das Vorhaben um 2,3 Millionen auf jetzt 8,3 Millionen Euro.
Überraschungen kann es auch bei den noch abzuschließenden Darlehen geben. Sie müssen schließlich auch finanziert werden. Mit welcher Belastung rechnen Sie?
Derzeit zahlt der Kreis jährlich eine Umlage an den Zweckverband von 3,5 Millionen Euro. Wir rechnen damit, dass sich diese deutlich erhöht. Wir gehen sogar von einer Verdoppelung aus. Das ist in der Tat eine große finanzielle Kraftanstrengung.
Welche Belastung haben die Kommunen im Kreis Böblingen zu erwarten? Müssen sie künftig mehr in die Kreiskasse zahlen?
Für unseren Beitrag beim Zweckverband benötigen wir derzeit einen Drei-Viertel-Umlagepunkt bei der Kreisumlage, das sind die 3,5 Millionen Euro. 2019/2020 werden wir mehr weitaus mehr als einen Umlagepunkt im Jahr brauchen, um die neue Bahn auf die Strecke zu bringen.
Zieht der Kreistag da mit?
Wir haben einen Grundsatzbeschluss mit großer Mehrheit gefasst. Ich setze weiter darauf, dass der Kreistag dieses wichtige Schienenvorhaben mit voranbringt.
Sie sprachen davon, dass Sie an weitere Fördertöpfe wollen.
Ja, wir werden die Möglichkeit eines zinsgünstigen, kommunalen KfW-Darlehens prüfen. Der Kauf der neuen Fahrzeuge wird zwar leider vom Land nicht mehr gefördert. Wir setzen dennoch darauf, dass sich das Land bei der Anschaffung der Elektrofahrzeuge einbringt. Schließlich leisten wir mit dem geplanten Kauf von neun Leicht-Elektro-Wagen Pionierarbeit für die Nebenbahnen.
Kann der Verband Region Stuttgart auch etwas für Sie tun?
Die Projektrealisierung wird vom Zweckverband gestemmt und ist damit bei den Landkreisen Tübingen und Böblingen in guten Händen. Der Verband Region Stuttgart ist jedoch am Zuge, wenn es darum geht, unsere Fahrgäste von der Schönbuchbahn weiter Richtung Herrenberg, Renningen und vor allem Stuttgart zu befördern. Hier setzen wir darauf, dass die Maßnahmen zur Verbesserung der Pünktlichkeit schnell greifen. Die vom Bund zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel sind langfristig gesichert und aufgestockt. Ein großer Teil hiervon ist für den S-Bahn-Betrieb vorgesehen. Hiervon muss der Zweckverband ein Stück vom Kuchen abbekommen.
Können Sie einige Ausgaben auch durch Ihre Einnahmen decken?
Der Ausbau wird eine deutliche Steigerung der Fahrgastzahlen mit sich bringen. Die Schönbuchbahn erhält momentan aus den Einnahmen des Ticketverkaufs vom Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) einen festen Anteil. Wir haben heute schon mehr Fahrgäste als so manche S-Bahn. Deshalb ist unser heutiger Anteil zu gering. Die Schönbuchbahn muss künftig von einer nachfragegerechteren Einnahmenaufteilung deutlich profitieren. Dafür werden wir uns im Verbund stark machen.