Schüler des Burggymnasiums haben für ein Unesco-Projekt Flüchtlinge getroffen und interviewt. Die Ergebnisse sind noch bis zum Juni im Club Manufaktur ausgestellt – zusammen mit Fotos von Rüdiger Schulze.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Schorndorf - Fremd und doch vertraut. So fühlte sich die erste Begegnung mit der 17-jährigen Dushani für Alisa Reich und ihre Klassenkameradin Annika Schlotterbeck an. Alle drei mögen Filme, haben Prüfungsstress und sind ungefähr gleich alt – doch Dushani, eine Tamilin, ist aus ihrem Heimatland Sri Lanka geflohen. Das Mädchen ist traumatisiert und traut sich nur mit Begleitung aus dem Haus. Sie ist eine von etwa 270 Flüchtlingen, die derzeit in Unterkünften in Schorndorf leben.

 

Damit Schüler des Burggymnasiums lernen, dass hinter dieser Zahl menschliche Schicksale stecken, haben die beiden Mütter Heike Steinhauser und Sükriye Döker bei den Unesco-Projekttagen 2014 den „Dialog mit Flüchtlingen“ gestartet. Acht Schüler trafen sich mit Asylsuchenden in Schorndorf. Sie kochten zusammen traditionelle Gerichte, stellten den Flüchtlingen Fragen und schrieben die Interviews nieder. Der Fotograf Rüdiger Schulze dokumentierte die Treffen. Die Ergebnisse sind noch bis zum Juni im oberen Foyer des Schorndorfer Clubs Manufaktur zu sehen.

In einem der Interviews erfahren die Besucher zum Beispiel von Seedo Matro. Der Jeside stammt aus dem irakischen Sindschar, wo tausende seiner Glaubensbrüder von der Terrormiliz Islamischer Staat getötet oder verschleppt wurden.

Man lese immer viel von Flüchtlingen, sagt die Projektinitiatorin Heike Steinhauser. „Aber wer diese Leute eigentlich sind, erfährt man meist nicht. Wir wollten sie kennenlernen. Auch, um rechtsradikalen Tendenzen entgegenzuwirken.“

Die Schüler haben vor den Gesprächen die Situation in den Herkunftsländern ihrer Interviewpartner recherchiert. Auch diese Infos sind im Club Manufaktur ausgestellt. Was es bedeutet, Familienmitglieder durch eine Bombe zu verlieren oder seinen Glauben nicht ausüben zu dürfen, können die Interviews freilich nur anreißen. Oft saßen die Wunden der Flüchtlinge zu tief, um sie offen anzusprechen. Wichtiger war den Projektleiterinnen aber vor allem, Verständnis zu wecken – bei Schülern und Besuchern. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Rüdiger Schulze helfen dabei, indem sie den Interviewten ein Gesicht geben. Ein Kinderlachen versteht jeder, egal, welche Sprache er spricht. Die nicht gestellten Fotos sind meist während der Treffen von Schülern und Asylbewerbern entstanden.

Verständnis wird auch in Zukunft noch nötig sein. Der Erste Bürgermeister Schorndorfs, Edgar Hemmerich, rechnet damit, dass die Zahl der Asylsuchenden in Schorndorf bis zum Ende des Jahres auf etwa 400 steigen wird. „Projekte wie dieses sind ein weiterer Meilenstein dabei, Menschen eine gute zweite Heimat zu bieten“, sagt er über die Ausstellung.

Für einige der Flüchtlinge wird Deutschland mehr als eine zweite Heimat. Zum Beispiel für Seedo Matro, den Jesiden aus dem Irak. Er hat eine Aufenthaltserlaubnis bekommen und inzwischen Arbeit als Friseur gefunden, um für seine Familie sorgen zu können. Er sagt, er wolle nie wieder in sein Heimatland zurück.