Frieder Stöckle wird für sein vielfältiges Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Der 75-Jährige will seine ehrenamtliche Arbeit aber längst noch nicht einstellen, das nächste Projekt ist schon in der Pipeline.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Schorndorf - Auf der vom Bundespräsidenten unterschriebenen Urkunde steht Friedrich Stöckle. „Friedrich“, sagt der anno 1939 in Schorndorf geborene Kommunalpolitiker, Lehrer, Künstler, Autor mehrerer Jugend- und Fachbücher, Pädagoge, Hochschuldozent und Vereinsvorsitzende, „Friedrich – diesen Namen habe ich schon lange nicht mehr gehört“. Vor rund 60 Jahren habe ihn sein Meister während der Tischlerlehre letztmals so gerufen. Aus dem Friedrich sei längst „ein handlicher Frieder“ geworden.

 

Und dieser Frieder hat jetzt von seinem Parteifreund, dem Kultusminister Andreas Stoch, das Bundesverdienstkreuz überreicht bekommen. Frieder Stöckle, 75 Jahre alt und immer noch voller Tatendrang, sei „ein unorthodoxer linker Sozialdemokrat“, sagt Stoch. Stöckle ist ein wahrer Tausendsassa: Mitbegründer des Schorndorfer Clubs Manufaktur und des Clubs junger Künstler und Musiker, langjähriger Vorsitzender des Spielplatzvereins Schorndorf, 32 Jahre lang engagierter Stadtrat, Erfinder der Schreibwerkstatt, Heimatforscher, Journalist und und und.

Feindlichen Übernahme des Spielplatzvereins

Ganz besonders wichtig sei ihm stets die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gewesen, sagt Stöckle am Rande der eigenen Ehrung in der Galerie für Kunst und Technik. Dem Pädagogen ist es offenbar immer wieder gelungen, junge Leute zu erreichen, auch jene, die mental arg weit weg gewesen sind. Während der Fahrten mit Schülern in das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz zum Beispiel. Einmal, erzählt Stöckle, habe ein junger Mann nach so einem Besuch „seine Deutschlandfahne in den Müll geworfen“ und mit dieser Geste quasi zugleich sein nationalistisches Gedankengut entsorgt.

Während seines Jahrzehnte langen Engagements hat Frieder Stöckle so manchen Coup gelandet. Wenn er beispielsweise von der feindlichen Übernahme des Spielplatzvereins Anfang der 1970er-Jahre erzählt, dann grinst er dabei wie ein Lausbub nach einem Streich. Damals sind Stöckle und seine Kumpels von den Jusos, der Nachwuchsorganisation der SPD, alle auf einmal in den Club eingetreten, der rund 60 000 Mark (etwa 30 000 Euro) auf der hohen Kante liegen hatte. „Dann haben wir den alten Vorstand sofort abgewählt“, anschließend sei endlich das Geld für die ersten Spielplätze ausgegeben worden.

OB: So einen Lehrer hätte ich auch gerne gehabt.

Der Schorndorfer Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) nennt den rüstigen Pensionär einen „Universalgelehrten“ und sagt: „So einen Lehrer hätte ich auch gerne gehabt.“ Der Frieder sei ein Streiter, Mahner, Gestalter, Aktiver. Es sei zwar nachvollziehbar und akzeptabel, dass er im Jahr 2012 aus dem Gemeinderat ausgeschieden sei, aber manchmal denke er: Was hätte Frieder Stöckle wohl zu diesem oder jenem Thema gesagt? Der Stadtrat fehle ihm mitunter, sagt Klopfer.

Stöckle – „ein außergewöhnliches Vorbild“, so der Minister – will sein Engagement noch lange nicht einstellen. Sein neuestes Projekt sei die Umgestaltung des Spielplatzes beim Stadthallensee in einen Mehrgenerationenspielplatz.

Und was hätte der junge Revoluzzer Stöcke 1968 dazu gesagt, wenn ihm das Bundesverdienstkreuz angeboten worden wäre? Die Antwort kommt blitzschnell: „Ich hätte es in die Ecke geworfen.“