Hans-Joachim Heist alias Gernot Hassknecht, der Chefcholeriker aus der „heute-show“, kommt nach Stuttgart, in die Stadt der Wutbürger. Im Gespräch mit unserem Kolumnisten Uwe Bogen erklärt der 68-Jährige, warum Entrüstung sein muss.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Der Telefonhörer, raten die Kollegen, sollte beim Gespräch mit ihm weit weg vom Ohr bleiben. Doch Hans-Joachim Heist, dessen Ausbrüche als Schreihals Gernot Hassknecht in der „heute-show“ im ZDF Kultstatus haben, klingt beim Anruf sanft wie ein Lamm. Zwischendurch hustet er. Der freundliche Mann, der als Brüllaffe zum Erfolg seines Lebens kam, ist erkältet.

 

Helfen Pillen? Womöglich auch gegen berufsbedingten Bluthochdruck? Nein, Blutdrucksenker brauche er nicht, wenn er den Hassknecht spielt, sagt er. Wenn sein hochroter Streichholzkopf zu explodieren scheint, beruhigen sich die geschwollenen Adern rasch wieder. Wäre er ein Wasserkessel, würde er oft pfeifen.

Bei Donald Trump vergeht ihm das Lachen

Als politischer Mensch stehe er zu „95 Prozent“ zu dem, was er in seiner ZDF-Rolle sagt. Nicht selten helfe nur Entrüstung, damit Argumente nicht wirkungslos verpuffen. Sich aufregen – dies könne man unmöglich Amateuren überlassen. Kuscheln sollen andere. Er langt zu, damit sich was ändert.

Was sich Donald Trump in den ersten Wochen als Präsident geleistet habe, sei so schlimm, „dass einem das Lachen vergeht“, findet Heist. Das amerikanische Beispiel, so hofft er, sei Warnung für den deutschen Bundestagswahlkampf, damit Schlammschlachten und „alternative Wahrheiten“ nicht auch noch zu uns kommen.

Hans-Joachim Heist, seit etwa zehn Jahren SPD-Mitglied, glaubt, dass Martin Schulz der Richtige ist, um Angela Merkel im Herbst zu schlagen. Der Kanzlerkandidat sei so beliebt, weil er ehrlich und emotional sei. Von Hassknecht könnte er lernen, dass es nicht schade, mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen und Dampf abzulassen.

Zwei Auftritte im März im Theaterhaus

Im Programm des Theaterhauses, wo der 68-Jährige am 17. März bei der Eröffnung des 25. Stuttgarter Kabarettfestivals sowie am 24. März mit seinem Solo-Programm „Jetzt wird’s persönlich“ auftritt (Karten unter Telefon 07 11/ 4 02 07 20) , wird er als Hassknecht angekündigt, nicht als Heist.

In seinem Alter macht es ihm nichts aus, sagt er, auf die Rolle des Hassknecht festgelegt zu werden. Wäre er Mitte 40, würde er damit aufhören. Aber er ist 68 Jahre alt. Dank des Lieblingscholerikers der Nation droht ihm keine Altersarmut. Und bestimmt wird er sich eines Tages mindestens zwei polnische Pflegekräfte leisten können. Es sollten gehörlose Altenpflegerinnen sein – falls das HB-Männchen in ihm explodiert.

Privat ist Heist der Heinz-Erhardt-Typ

War nur ein Witz. Privat ist Heist der Heinz-Erhardt-Typ – hat mehr Schalk als Haare im Nacken. Mit seinem Erhardt-Programm ist er im vergangenen Sommer im Stuttgarter Renitenz-Theater aufgetreten. Jetzt kommt er mit dem „persönlichsten und politischsten Hassknecht aller Zeiten“ ins Theaterhaus. Im Wahljahr 2017 wird einer wie er dringend gebraucht. Einer, der klare Kante zeigt und sich rechte Schaumschläger vorknöpft. In Stuttgart, in der Stadt der Wutbürger, sagt er, fühle er sich besonders wohl. „Das Publikum hier ist großartig“, versichert er und es klingt, als ob er dies nicht in jedem Kaff von sich gibt. Seine Ansicht zu Stuttgart  21 ist klar: Der Grimme- und Bambi-Preisträger lehnt das „Jahrhundertprojekt“ ab. Doch er glaubt nicht, dass es noch zu stoppen ist – selbst der neue Bahnchef werde dies nicht tun.

Sein Zwillingsbruder hat als Busfahrer gearbeitet

Der 1,60 Meter große Hesse geht als Sprachrohr des kleinen Mannes auf Tour. Er sagt, was viele denken, aber nicht so perfekt vom Hass aufgeladen herausbekommen. In seiner Jugend trat der Vater von zwei Kindern mit seinem Bruder als „Heist-Zwillinge“ auf. „Wir sind eineiig, aber jeder hat zwei Eier“, sagt er über sich und den Bruder. Als Doppelgänger kann dieser nicht einspringen. Der andere Heist hat als Busfahrer gearbeitet und ist im Ruhestand.

Zeit für Ruhe ist für den Hassknecht-Darsteller noch lange nicht. Es gibt noch viel zu tun. Für die „heute-show“ haben Oliver Welke und seine Autoren 2009 den Wüterich Lewis Black aus der US-Daily Show mit Jon Stewart eingedeutscht. Auf Heist kamen sie, weil er in Demovideos einen tobsüchtigen Vater spielte.

Hart, nicht immer fair ist sein Hassknecht – aber niemals menschenverachtend. Für die Satire gelte, was für die Politik gilt, findet Heist: „Wer’s verdient, der bekommt’s!“ Hauen Sie ordentlich druff, gar nicht lieber Hassknecht! Stuttgart braucht’s.