Sollen Lehrkräfte die AfD zum Thema machen und vor Gefahren warnen? Die Chefin der größten Bildungsgewerkschaft des Landes findet, ja. Andere warnen, dies könne einen unerwünschten Nebeneffekt haben.

Berlin - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Lehrkräfte in Deutschland aufgerufen, sich im Unterricht kritisch mit der AfD auseinanderzusetzen. "Die AfD ist eine Partei mit verfassungsfeindlichen Tendenzen. Das dürfen und sollen Lehrerinnen und Lehrer auch im Klassenraum so sagen", sagte GEW-Chefin Maike Finnern der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".

 

Vom Deutschen Lehrerverband kam teilweise Zustimmung. Er plädierte aber für einen "breiten Blick": "Wir haben Verfassungsfeinde links, wir haben sie rechts, wir haben sie im religiösen Bereich. Das muss man auch ganz offen mit den Schülern besprechen", sagte Verbandspräsident Stefan Düll am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Er nannte es normal für den unterrichtlichen Kontext, wenn bestimmte Gruppierungen genannt würden, wenn diese wie Teile der AfD vom Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuft seien. Ähnlich äußerte sich der CDU-Bildungspolitiker Thomas Jarzombek, der jedoch auch Bedenken deutlich machte. Der AfD-Bildungspolitiker Götz Frömming warnte davor, Lehrkräfte für eine politische Auseinandersetzung zu instrumentalisieren.

Finnern sprach sich dafür aus, im Zusammenhang mit der AfD konkrete Aussagen und Vorgänge zu analysieren und mit den Schülerinnen und Schülern zu besprechen. "Ich ermuntere Lehrkräfte nicht nur dazu, die Auseinandersetzung mit der AfD auch im Klassenraum zu suchen. Ich rufe sie auch ausdrücklich dazu auf", betonte Finnern. "Lehrerinnen und Lehrer schwören auf die Verfassung - und darauf, diese zu verteidigen", sagte die GEW-Chefin.

AfD-Politiker Frömming kritisierte den Vorstoß der Gewerkschafterin: "Gegen eine kritische Auseinandersetzung mit der AfD im Rahmen des Politikunterrichts ist nichts einzuwenden", sagte er der dpa. Problematisch sei allerdings, dass die GEW-Chefin eine kritische Auseinandersetzung mit anderen Parteien wie den Grünen oder der SPD nicht für notwendig erachte. "Wer Lehrer, die als Beamte Teil der Exekutive sind, für die politische Auseinandersetzung mit der Opposition instrumentalisieren möchte, hat unsere Verfassung nicht verstanden."

CDU-Bildungsexperten: Nicht auf Opfererzählung einzahlen

Nach Ansicht des CDU-Bildungsexperten Jarzombek gehört die Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen im Unterricht im Rahmen der Vermittlung der Grundlagen der Demokratie dazu und in diesem Kontext auch die Frage, warum die AfD vom Verfassungsschutz als in Teilen gesichert extremistisch beurteilt wird. "Es muss aber immer um Extremismus in allen Ausprägungen gehen und darf nicht zu einer "Lex AfD" kommen, die am Ende auf die Opfererzählung dieser Partei einzahlt", warnte er.

Finnern rief Lehrkräfte auch dazu auf, sich an Demonstrationen gegen Rechtsextremismus zu beteiligen und berichtete, viele hätten Angst, sie könnten deswegen Ärger mit ihrem Dienstherrn bekommen. Dazu hätten sie aber wie andere Staatsbürger das Recht. "Aus unserer Sicht haben sie sogar mehr als andere die Pflicht, sich für Demokratie und Vielfalt starkzumachen sowie ihre Stimme gegen Rechtsextremismus und verfassungsfeindliche Umtriebe zu erheben", fügte sie hinzu. Düll sagte, Lehrer müssten keine Angst haben, wenn sie als Privatperson auf Demonstrationen gehen, soweit diese vom Grundgesetz abgedeckt seien. "Es braucht dazu aber keine Aufforderung. Denn das ist eine Privatangelegenheit."