Das Wilhelmsgymnasium will künftig auch wieder in neun Jahren zum Abitur führen. Gymnasien in Plieningen und Sillenbuch lehnen G9 ab.

- Es war so etwas wie die Probe aufs Exempel. Wolfgang Funk, Schulleiter des Degerlocher Wilhelmsgymnasiums, hatte die Eltern bei einer Informationsveranstaltung an der Albschule im Januar aufgefordert, ein Zeichen zu setzen. Wenn sie künftig wieder einen neunjährigen Zug – G 9 genannt – an seiner Schule wünschen, sollten sie die Hand heben. Der Blick auf zahlreiche senkrecht nach oben gestreckte Arme war ein eindeutiges Ergebnis, sagt Funk. Es spiegelt sich in dem Ergebnis einer Umfrage der Elternbeiräte der Albschule und der Filderschule wider.

 

Filder -

Umfrage unter Eltern

80 Prozent der befragten Eltern sprachen sich dabei im Januar gleichfalls für die neunjährige Gymnasialzeit aus. Ein klares Votum für einen G 9-Zug am Wilhelmsgymnasium, sagt die Vorsitzende des Elternbeirats der Albschule Anjella von Kitzling. „Wir haben die Umfrage als Meinungsbild der Degerlocher Eltern an das Kultusministerium weitergeleitet.“ Das SPD-geführte Ministerium bearbeitet den Antrag des Wilhelmsgymnasiums, vom künftigen Schuljahr an wieder in neun Jahren zum Abitur zu führen. Die durch ein zusätzliches Schuljahr bei G 9 gewonnene Zeit soll genutzt werden. Schüler, bei denen die Reife nicht Schritt hält mit den Anforderungen des straffen G 8-Lernpensums, sollen so auch eine Chance bekommen, sagt Wolfgang Funk.

Auch andere Schulen in Stuttgart wollen G 9 wieder einführen. Eine Schulleiterin benannte gegenüber der Presse neben dem Wilhelmsgymnasium noch drei weitere Schulen, die einen solchen Antrag gestellt haben. Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann will sogar von 15 Schulen wissen, die G 9 beantragen wollen. Sie kritisiert die Vorgabe des Landes, nach der nur eine Schule pro Schulträger einen Antrag für G 9 stellen kann. Gleichgültig, ob es sich bei der Gemeinde um eine Kleinstadt mit nur einem Gymnasium handelt oder um eine Großstadt.

Gleichfalls in der Kritik stand das Kultusministerium, weil es zunächst forderte, dass eine Schule, die wieder in neun Jahren zum Abitur führen will, über vier Klassen in jeder Jahrgangsstufe verfügen muss. Von dem Kriterium der so genannten Vierzügigkeit rückte das Ministerium mittlerweile allerdings ab und versprach, in Ausnahmen auch dem Antrag kleinerer Schulen stattzugeben.

Nur zwei- bis dreizügig

Für das Wilhelmsgymnasium wäre dies die Möglichkeit, den neunjährigen Schulzug anzubieten. Denn die Degerlocher Schule ist nur zwei- bis dreizügig, sagt Schulleiter Funk. Dies sei allerdings kein Problem. „2012 machen Schüler zum letzten Mal nach den alten G 9-Lehrplänen Abitur. Gleichzeitig lernen bei uns seit Jahren Schüler für ihr Abitur nach nur acht Gymnasialjahren. Das bekommen wir organisatorisch jetzt schon gut hin.“

Der Schulleiter weiß, dass andere Schulen vergleichbarer Größe sich gegen ein Nebeneinander von einem neunjährigen und einem achtjährigen Zug aussprechen. „Viele wollen lieber Förderstunden für schwache Schüler in G8 als G 9.“ Für Funk ist das keine Lösung. „Förderunterricht verhindert nicht, dass manche Schüler einfach für bestimmte Lerninhalte noch nicht reif sind.“

Gegen G9

Am Plieninger Paracelsus-Gymnasium (PGH) führte die schulinterne Debatte um G 9 allerdings dazu, dass sich die Schule gegen einen Antrag auf G 9 entschieden hat. „Es gab viele Befürworter, aber am Ende überwogen diejenigen, die nicht schon wieder etwas Neues beginnen wollten“, sagt Schulleiter Siegfried Frey. Zudem sieht er für das PGH genau die Probleme, die Funk für gut lösbar hält. „Wir müssten ganz viele kleine Gruppen bilden, weil klassenübergreifender Unterricht bei den ganz unterschiedlichen Lehrplänen von G 8 und G 9 schlichtweg nicht möglich ist.“ Lateinunterricht mal für fünf Schüler, mal für sieben überfordere allerdings die personellen Ressourcen der Schule. Da müsste das Angebot verringert werden, sagt Funk.

Irmgard Brendgen, Schulleiterin des Sillenbucher Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG), sieht überhaupt keinen Anlass, einen Antrag zur Wiedereinführung von G 9 zu stellen. Diese Diskussion habe es an ihrer Schule nie gegeben, sagt sie: „Grund zum Jammern gab und gibt es bei uns nicht.“