Reportage: Frank Buchmeier (buc)
 
Kathrin Mermi-Schmelz (2. v. r.), Thommy Schmelz (r.) Tochter Jessy und Familienfreund Uwe Wehrstedt.( Foto: Vox)
Auf einer Urlaubsreise erliegen Kathrin Mermi und ihr „Schatzi“ Thommy Schmelz dem kolonialen Charme von Canaveiras. Spontan beschließt das Paar, an der Küste des brasilianischen Bundesstaats Bahia ein neues Leben zu beginnen. Zu diesem Zeitpunkt sind beide um die 40 und betreiben in Jesingen, einem Ortsteil von Kirchheim unter Teck, gemeinsam die Gaststätte „Zur Brücke“. „Seit elf Jahren bin ich in diesem Kasten eingesperrt“, sagt der Koch Thommy, „jetzt muss ich raus.“

Kathrins Tochter Jessy hat in Kirchheim viele Freunde und wenig Lust, eine fremde Sprache zu lernen. Die Zwölfjährige findet es „ungerecht, dass ich gegen die Auswanderung nichts machen kann“: Im September 2007 stürzen sich Mutter und Ziehvater mit ihr sowie 20 000 Euro Startkapital ins Abenteuer.

Anfangs läuft alles schief. Der frisch erworbene VW-Bus gibt nach wenigen Kilometern den Geist auf, und das bereits angezahlte Strandrestaurant entpuppt sich als Bruchbunde. Das schwäbische Paar pachtet eine andere Cabaña und renoviert monatelang. Als endlich die ersten Gäste ein paar Real in die Kasse bringen, steht die Policia Federal vor der Tür: Die Visa der Alemães sind abgelaufen, und um Aufenthaltsgenehmigungen zu bekommen, fehlt ihnen das geforderte Kapital. Kathrin und Thommy werden aus ihrem Paradies vertrieben. „Das war unsere eigene Schuld“, sagt sie. „Wir waren natürlich zu naiv.“

„Wir haben keine Existenzsorgen mehr“

Anfangs läuft alles schief. Der frisch erworbene VW-Bus gibt nach wenigen Kilometern den Geist auf, und das bereits angezahlte Strandrestaurant entpuppt sich als Bruchbunde. Das schwäbische Paar pachtet eine andere Cabaña und renoviert monatelang. Als endlich die ersten Gäste ein paar Real in die Kasse bringen, steht die Policia Federal vor der Tür: Die Visa der Alemães sind abgelaufen, und um Aufenthaltsgenehmigungen zu bekommen, fehlt ihnen das geforderte Kapital. Kathrin und Thommy werden aus ihrem Paradies vertrieben. „Das war unsere eigene Schuld“, sagt sie. „Wir waren natürlich zu naiv.“

„Wir haben keine Existenzsorgen mehr“

Während sich Jessy freut, wieder in Kirchheim zu sein, will ihre Mutter so schnell wie möglich zurück ins gelobte Canaveiras. Sie heiratet ihren Langzeitschatzi Thommy – gewiss aus Liebe, aber auch, weil ein Ehepaar für die brasilianische Aufenthaltsgenehmigung halb so viel berappen muss wie zwei offiziell Alleinstehende. Den Rest besorgen Freunde: Mit 35 000 geliehenen Euros fliegt die Familie Mermi-Schmelz erneut 8500 Kilometer Richtung Südwesten.

Ihre Cabaña ist in den vergangenen acht Monaten verrottet, ein neues Lokal muss her. Die Konkurrenz am Strand von Canaveiras ist groß, doch Kathrin glaubt an einen Vorsprung durch Herkunft: „Weil wir in Deutschland ausgebildet sind, kochen wir besser, und unser Service ist auch besser.“ Tatsächlich entwickelt sich der Canaveiras Praia Club schnell zu einem beliebten Treffpunkt für Einheimische und Touristen. „Wir haben keine Existenzsorgen mehr“, sagt Thommy, der Schwabe mit den blonden Rastalocken.

Auch Jessy, inzwischen volljährig, ist in Brasilien angekommen. Auf ihrer Facebook-Seite postet sie auf Portugiesisch. Wie’s ihr geht? „Sonne, Strand, Meer – was will man mehr“, antwortet sie. „Ich bin hier auf alle Fälle glücklicher als in Kirchheim.“

Schnitzel unter Palmen – Von Hohenlohe nach Ko Samui

Matthias und Hania Bück auf Ko Samui. Foto: Vox
Matthias Bück wirkt so, wie man sich außerhalb des Schwabenlandes einen Schwaben vorstellt: Sein breiter hohenlohischer Dialekt ist gewöhnungsbedürftig, er schafft viel und gibt wenig aus. Das personifizierte Klischee.

Im Dezember 2008 siedelt Matthias mit seiner Ehefrau Hania aus Michelbach an der Lücke im Kreis Schwäbisch Hall auf die 9300 Kilometer entfernte Ferieninsel Ko Samui über. „Do isches wonderbar“, spricht er vor der Abreise in die Kamera. Woher Matthias das weiß? Aus Büchern. In Thailand waren zuvor weder er noch Hania. Seiner besorgten Mutter erklärt er: „Do gibt’s au scho a europäischs Krankahaus und an doitscha Metzgr. Es gibt oigentlich koi Flecka mee uff dr Welt, wo mr net zivilisiert läba koa.“ Und weil ihm irgendjemand erzählt hatte, dass es in Südostasien keine Kugelschreiber gibt, packt er 30 Stück in den Koffer. Außerdem gehört deutsches Toilettenpapier zur Erstausrüstung der Auswanderer.

Im Internet hatte das Paar – er Koch, sie Hotelfachfrau – eine verwaiste Bar entdeckt. Am possierlichen Flughafen von Ko Samui holt sie ein Schweizer ab, der hier schon seit 20 Jahren lebt und zwei Mietdeals für sie eingefädelt hat. Zuerst geht’s in die neue Wohnung, ein Raum, 30 Quadratmeter. „Wonderbar“, sagt Matthias, „und isch günschtig.“ Dann geht’s zu der Bar, besser gesagt zu ein paar zusammengenagelten Balken, ein paar Tischen und ein paar Stühlen an einer staubigen Hauptstraße. Laut Internet soll das Lokal 50 Meter vom Meer entfernt liegen, in der Realität läuft das Paar eine viertel Stunde, bis es sich der Birkenstocksandalen entledigen und mit den müden Füße im warmen Golf von Thailand planschen kann.

Schnitzel, Currywurst, Bier: Der Laden brummt

Trotz ungeahnter Komplikationen verwandelt der chronische Optimist Matthias mit seiner Frau und Helferin Hania die Bretterbunde in das Restaurant „Bamboo Grill & Bar“. Es gibt Schnitzel, Currywurst, Bier und was der deutsche Ferntourist sonst noch so begehrt. Der Laden brummt. Das Paar schafft sieben Tage die Woche – bis Hania im April 2011 fluchtartig ihren Ehemann und Thailand verlässt. „Vielleicht war am End nur noch d’ Arbeit und koi Eheleba mehr vorhanda“, sagt Matthias. „Sehr wahrscheinlich han i im Alltagsstress net mehr d’ richtige Worte für Hania g’funda.“ Der 32-jährige Matthias trauert nicht lange und angelt sich die hübsche Einheimische Da.

Der Sender Vox bleibt Matthias Bück treu: Im Frühjahr kochte er für die neue Dokusoap „Goodbye Deutschland – der Tausch“ im Dötlinger Schützenhof der Familie Bötefür, die Bötefürs brieten derweil für ihn auf Ko Samui Schnitzel. Seine Ex-Frau Hania arbeitet heute in einem Schweizer Vier-Sterne-Hotel.

Teddybären von Uncle Sam – Eine Stuttgarterin in Kalifornien

Claudia Camposeo und ihr Liebster Anthony. Foto: Vox
Claudia Camposeo lernt auf einer Weltreise ihre große Liebe kennen, den US-Amerikaner Anthony. Nach wenigen Tagen auf Hawaii steht für die beiden fest, dass sie sich nie mehr aus den Augen verlieren wollen. Claudia lässt dafür alles hinter sich, einen unbefristeten Job und ihre schwäbisch-italienische Familie in Stuttgart.

Mama Ute und Papa Vito verabschieden sie tränenreich aus der gemeinsamen Wohnung. Claudia macht sich auf den Weg ins 10 000 Kilometer entfernte Fresno. Dort, im kalifornischen Hinterland, will die Bankkauffrau mit der Produktion von Teddybären das große Geld machen. Dem erfahrenen „Goodbye Deutschland“-Gucker dämmert, dass der Unterhaltungswert dieser Auswandererstory darin bestehen könnte, der Hauptfigur beim Scheitern zuzusehen.

Claudia, 24, und Anthony, 28, sind ein schönes Paar, aber auch ganz schön naiv – zumindest werden sie so dargestellt. Claudia spricht schräge Sätze in die Kamera („Finanziell macht mir das schon einen großen Kopf, weil wir dann, keine Ahnung, kein Geld mehr haben“) und benutzt pubertäre Adjektive wie „hammergeil“. Beim Besuch eines amerikanischen Teddybärenmuseums wird deutlich, dass sie keinen blassen Schimmer von ihrem exotischen Business hat. Welche Qualifikation sie mitbringe, fragt eine Fachfrau. „Ich habe während meiner Schulzeit einen Maikäfer genäht“, antwortet Claudia.

Das Paar verkauft im Internet Plüschspielzeug

Auch ihr Liebster ist kein Teddybärenexperte. Anthony diente als Soldat in Afghanistan, jobbte als Gefängniswärter, bekam psychische Probleme und ist nun arbeitslos. Das hält ihn allerdings nicht davon ab, seiner Traumfrau für umgerechnet 12 000 Euro einen Verlobungsring zu kaufen. Selbstverständlich ist das Filmteam dabei, als er im Kerzenschein vor Claudia auf die Knie fällt und wispert: „Möchtest du meine Frau werden?“ Sie sagt ja und weint.

Die Lovestory wird jäh unterbrochen: Unerwartet stirbt Claudias Bruder Pasquale. Die Hauptdarstellerin fliegt nach Stuttgart, Anthony ist bei der Beerdigung an ihrer Seite. Drei Wochen später wird die „Goodbye Deutschland“-Folge ausgestrahlt.

The Show must go on. Die Teddybärenfirma existiert mittlerweile, im Internet verkauft das Paar Plüschspielzeug – „Asthma & Allergie friendly“. Das Geschäft läuft mäßig. Claudia versucht nebenher, als Model und mit dem Verkauf „meiner sexy Schürzen-Kollektion“ ein paar Dollar zu verdienen: „Anthony ist mein Mentor hierfür.“ Am heutigen Dienstag heiratet die Schwäbin ihre große Liebe. Wie die Feier auf Hawaii verläuft und wie es mit den frisch Getrauten weitergeht, wird man demnächst auf Vox erfahren.