Sie ist eine der jüngsten Schluchten Europas und wird der „Grand Canyon“ des Schwarzwalds genannt: die Wutachschlucht. Kommunen und Interessenverbände suchen jetzt eine Balance zwischen Touristenattraktion und Naturschutzgebiet.

Wutach - Das Naturschutzgebiet Wutachschlucht wird im nächsten Jahr 75 Jahre alt. Dann soll dieses bundesweit bedeutende Reservat für seltene Pflanzen und Tiere nach dem Willen der Behörden, Anrainergemeinden und Interessen- und Naturschutzverbände noch besser unter Schutz gestellt werden. Rund 70 Vertreter unterschiedlichster Organisationen hatten sich jetzt getroffen, um konkrete Ideen und Projekte für die Sehenswürdigkeit im Schwarzwald zu entwickeln.

 

Die Wutachschlucht ist eine der jüngsten Schluchten Europas. Genau besehen besteht sie aus mehreren, 60 bis 170 Meter tiefen, landschaftlichen Eingrabungen, die sich über 33 Flusskilometer erstrecken und geologisch sowie in Flora und Fauna einzigartig sind mit ihrem großen Reichtum an Tieren und Pflanzen. Schätzungsweise 10 000 verschiedene Arten finden hier ihren natürlichen Lebensraum, darunter 80 Vogel- und fast 600 Schmetterlingsarten sowie 1200 verschiedene Pflanzen, darunter etwa 40 Orchideensorten. Das Gebiet wurde bereits 1939 unter Schutz gestellt und ist heute ein wichtiger Teil des Naturparks Südschwarzwald.

Es gibt bereits Ideen für 25 Naturschutz-Projekte

Als Touristenattraktion zieht das Naherholungsgebiet zwischen Neustadt und Wutach jedes Jahr mehr als 100 000 Wanderer an. Dadurch entstehen Probleme, die für den Naturschutz immer drängender werden. Auch die acht Anrainergemeinden Neustadt, Lenzkirch, Stühlingen, Blumberg, Löffingen, Rötenbach und Bonndorf melden bisweilen Ansprüche an, die nicht immer mit dem Naturschutz konform gehen. So trafen sich 70 unterschiedlichste Interessenvertreter von Behörden, Kommunen, von Schwarzwaldverein und Bergwacht in der Dreischluchtenhalle von Löffingen, um eine „nachhaltige Balance zwischen dem Naturraum Wutachschlucht und den vielfältigen anderen Nutzungsansprüchen zu finden“, wie der Freiburger Regierungsvizepräsident Klemens Ficht es ausdrückte. Konkret geworden ist dabei noch nichts. „Wir waren einfach froh, dass wir alle Vertreter an einem Tisch hatten“, sagt die beim Regierungspräsidium für den Naturschutz zuständige Referentin Frederike Tribukait. Allerdings wurden bereits Ideen für 25 Projekte geboren. Das wichtigste Vorhaben ist dabei die Gründung einer Stiftung „Wutach-Region“, die sich um die Belange und eine gemeinsame Vermarktung kümmern könnte. Auch soll es demnächst kreisübergreifende Wanderwege und für die Besucher ein gemeinsames Busticket der drei Verkehrsbetriebe geben.

Ein Stausee wurde verhindert

Letztlich geht es aber allen Beteiligten um einen besseren und dauerhaften Schutz dieses einmaligen Naturreservats. Obwohl es unter Naturschutz steht, war es immer wieder bedroht. Anfang der 1950er Jahre wollte etwa die Schluchseewerk AG die Wutach mit einer 62 Meter hohen Mauer aufstauen. Proteste von Naturschützern und 185 000 Unterschriften aus der Bevölkerung verhinderten das Wahnsinnsprojekt. Bis zu ihrem Konkurs 1989 führten auch die stinkenden Abwässer der Papierfabrik Neustadt zu Fischsterben.

Seit 1994 ist ein hauptamtlicher Naturschutzwart („Wutachranger“) angestellt, der bereits einen Ausgleich zwischen den berechtigten Ansprüchen an die Wutachschlucht und der Schutzbedürftigkeit des ökologisch sensiblen Naturrefugiums schaffen sollte. Dieses Ziel wird nun breiter verfolgt. Im Januar 2014 wird die Zukunftswerkstatt wieder in Löffingen zusammen kommen. Schon im November trifft sich eine zehnköpfige Kommission aus Vertretern der Behörden, den Bürgermeistern der Anrainergemeinden, der Bergwacht und dem Schwarzwaldverein.